Zwischen Politikverdrossenheit und dem Sieg von Ano – die Wahlen vom Wochenende

ANO (Foto: ČTK)

Der Sieg kam sicher nicht überraschend: Die Partei Ano von Finanzminister Andrej Babiš hat die Regionalwahlen in Tschechien dominiert und war auch bei den Senatswahlen am stärksten. Während die Sozialdemokraten von Premier Bohuslav Sobotka verloren, konnte sich aber auch die Opposition nicht entscheidend durchsetzen. Was bedeutet das nun für die politische Landschaft in Tschechien?

ANO  (Foto: ČTK)
Am besten war die Laune am Samstagabend sicher bei der Wahlparty von Ano. In neun der 13 tschechischen Kreise hat die Partei von Finanzminister Babiš gewonnen. Bei den vorherigen Wahlen vor vier Jahren hatte es Ano noch gar nicht gegeben. Politologe Ladislav Cabada von der Metropolitan University in Plzeň / Pilsen sieht für den Sieg von Ano zwei Gründe:

„Auf der einen Seite ist diese Partei in der Regierung, auf der anderen Seite nimmt sie auch die Aufgabe der wichtigsten Oppositionskraft wahr. Und Herrn Babiš ist es gelungen, diese beiden Rollen am besten zu spielen. Die zweite Sache ist, dass die tschechischen Wähler immer noch die Kreiswahlen und auch die Kommunalwahlen etwas zu sehr mit den zentralen politischen Fragen vermischen. Auch in diesem Sinn hat die Partei Ano die meisten Stimmen gewonnen, weil sie Themen gebracht hat, die nicht nur als gesamtstaatliche, sondern auch als regionale Probleme verstanden werden.“

Der Aufstieg der Partei Ano bedeutete in den meisten Regionen eine Niederlage für die Sozialdemokraten. Insgesamt wurden sie aber zweitstärkste Kraft. Das heißt, die Opposition zog aus dem Machtkampf unter den Regierungsparteien keinen größeren Nutzen, wie Sozialdemokratenchef und Premier Sobotka am Wahlabend betonte:

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
„Bei den Kreiswahlen kamen die Regierungsparteien auf den ersten und zweiten Platz. Das ist ein Unterschied zu den Kreiswahlen vor vier und vor acht Jahren, als jeweils die oppositionellen Kräfte dominierten. Uns gefällt natürlich nicht, dass wir nur Zweite geworden sind.“

Bisher stellt die Partei von Premier Sobotka in elf Kreisen den Hauptmann, nun konnte sie nur noch in zweien stärkste Kraft werden. Auf der anderen Seite müssen in allen 13 Kreisen Koalitionen abgesprochen werden. Und schon jetzt ist klar, dass die Partei Ano selbst in jenen Regionen, in denen sie gesiegt hat, nicht unbedingt an der Kreisführung beteiligt wird. All dies soll aber keine Auswirkungen haben auf gesamtstaatlicher Ebene:

„Ich denke nicht, dass das Wahlergebnis die Arbeit der Regierungskoalition beeinflussen wird“, so Ano-Parteichef Babiš. Und Premier Sobotka und der Vorsitzende der Christdemokraten, Pavel Belobradek, äußerten sich im selben Sinn.

Größte Verlierer der Kreiswahlen sind im Übrigen die oppositionellen Kommunisten, nimmt man die absoluten Verluste: Sie verloren fast 100 Sitze in den Kreisvertretungen. Ähnlich gebeutelt wurde die Top 09. Die konservative Oppositionspartei erhielt nur 3,5 Prozent aller Stimmen. Die Stühle der Parteivorsitzenden wackeln in beiden Fällen daher bedenklich.

Foto: ČTK
„Ich möchte die Mitglieder des Parteiausschusses fragen, ob ich die Partei als Vorsitzender auch in die Parlamentswahlen im kommenden Jahr führen soll. Darauf wird dann einfach mit Ja oder Nein geantwortet. Und aufgrund des Ergebnisses werde ich mich dann entscheiden“, so Top-09-Chef Miroslav Kalousek.

Gut gestimmt ist nach den Kreiswahlen der Zusammenschluss von Bürgermeistern und Unabhängigen (Stan). Er konnte genauso zulegen wie die oppositionellen Bürgerdemokraten. Doch eins dürfte keine der Parteien stolz machen: Die Wahlbeteiligung rutschte auf einen neuen Niedrigwert. Zwei von drei Wählern blieben zu Hause. Selbst die Partei Ano habe wohl keine wirkliche Alternative geboten, kommentiert Politologe Cabada:

„Die Wähler möchten weder den sogenannten traditionellen Parteien ihre Stimme geben, noch sind die neuen Parteien als Herausforderer ideologisch klar. Sie bilden für diesen Teil der Wählerschaft wohl keine gute Alternative. So kommt es zur Entscheidung, zu Hause zu bleiben.“

Ladislav Cabada  (Foto: TOP 09)
Allgemein beobachtet Politologe Cabada aber eine abnehmende Beteiligung an Wahlen in Tschechien.

„Ich würde sagen, es gibt in der tschechischen Gesellschaft schon einen Trend von Parteien- oder Politikverdrossenheit.“

Das zeigte sich noch stärker bei den Drittelwahlen zum Senat, dort lag die Beteiligung nur um 30 Prozent. Kommendes Wochenende treten die beiden jeweils stärksten Senatskandidaten zur Stichwahl gegeneinander an. Auch da haben die Regierungsparteien die besten Chancen, mit den Kandidaten von Ano vorn, gefolgt von Christdemokraten und Sozialdemokraten.