Zuverdienst im Alter: Immer mehr tschechische Rentner gehen zur Arbeit

Foto: Europäische Kommission

Immer mehr tschechische Rentner gehen arbeiten, um ihre Pension aufzustocken. In Prag sind die meisten Senioren beschäftigt, die wenigsten arbeiten dagegen im Kreis Olomouc / Olmütz. Vor drei Jahren hatten knapp 323.000 Menschen neben ihrer Altersrente noch einen Nebenverdienst. Ein Jahr später waren es schon um 12.000 Senioren mehr.

Illustrationsfoto: Europäische Kommission
Der 70-Jährige Josef gehört zu den Senioren, die trotz Rente weiter arbeiten. Seit acht Jahren bezieht er Altersrente und hätte sich seither eigentlich seinen Hobbys widmen können. Die Altersbezüge seien ihm zu niedrig und als Pförtner habe er einen guten Nebenverdienst, erzählt er:

„Ich gehe zur Arbeit, um mit Dinge kaufen zu können, die ich mir von der Rente nicht leisten könnte. Ich kümmere mich gern um meinen Garten, und der kostet auch etwas. Wenn ich etwas Besseres haben will, muss ich dafür etwas tun.“

Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
Die Altersrente beträgt in Tschechien momentan im Durchschnitt 11300 Kronen (418 Euro). Ab Januar wurde sie um 40 Kronen monatlich (1,50 Euro) erhöht. Das Regierungskabinett beschloss außerdem, den Rentnern im Februar einen einmaligen Zuschuss von 1200 Kronen (44 Euro) auszuzahlen.

Nicht alle Senioren gehen jedoch aus finanziellen Gründen zur Arbeit. Die ehemalige Lehrerin Lenka vermisste in der Rente den alltäglichen Kontakt zu anderen Menschen. Sie habe darum angefangen, als Empfangschefin zu arbeiten, sagt sie:

„Ich habe das Gefühl, dass ich noch viel Kraft und Energie habe und dass es noch allzu früh ist, um so zu sagen die Tür hinter mir zuzumachen. Mein Einkommen ist nicht besonders hoch. Trotzdem ermöglicht es mir, Kulturveranstaltungen zu besuchen, in den Urlaub zu fahren oder ein paar Geschenke zu kaufen.“

Jan Lorman  (Foto: Alžběta Švarcová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Die Senioren arbeiten meistens nicht in Vollzeit. Häufig suchen sie eher nach stundenweisen Beschäftigungen und arbeiten in Supermärkten oder am Empfang.

Im Unterschied zur jüngeren Generation haben die Senioren langjährige Erfahrung und zudem bestimmte Fachkenntnisse, meint Jan Lorman. Er leitet den Verein „Život 90“, der sich seit 1990 darum bemüht, Senioren ein vollwertiges Leben zu ermöglichen. Jan Lorman über die Beschäftigung von Senioren:

„Sie sind loyaler und bemühen sich, dem Arbeitgeber auch zeitlich entgegenzukommen, weil sie selbst keine familiären Pflichten mehr haben. Menschen, die Altersrente bekommen, akzeptieren auch einen niedrigeren Nebenverdienst.“

Jiří Šatava  (Foto: Archiv CERGE-EI)
Der jüngsten Studie des Instituts für Demokratie und Wirtschaftsanalysen (IDEA) zufolge hatten rund 13 Prozent der tschechischen Rentner im vergangenen Jahr einen Zuverdienst. Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern ist die Zahl aber noch niedrig. Der Wirtschaftsexperte Jiří Šatava glaubt, dass in Tschechien mehr Unterstützung vom Staat kommen müsste:

„Der Staat sollte mit dem Steuersystem Anreize für die Senioren schaffen. Denn zunächst einmal haben Rentner die Altersrente bereits sicher und sind nicht gezwungen, zu arbeiten. Wenn wir möchten, dass mehr Rentner arbeiten gehen, sollten wir sie dazu motivieren – ob mit Steuervergünstigungen oder mit einer Rentenerhöhung für jedes zusätzliche Jahr in Lohn und Brot.“