Zur Selbstverbrennung Jan Palachs vor 38 Jahren

Jan Palach

Vor 38 Jahren, am Nachmittag des 16. Januar 1969 stand der junge Student Jan Palach auf den Stufen des Nationalmuseums auf dem Prager Wenzelsplatz übergoss sich mit Benzin, zündete sich an und rannte brennend auf den Wenzelsplatz. Drei Tage später erlag Palach im Krankenhaus seinen schweren Verbrennungen. Er wollte mit seiner Tat gegen die Entwicklung in der Tschechoslowakei nach der Niederschlagung des Prager Frühlings protestieren.

Kurz und knapp berichtete der Tschechoslowakische Rundfunk am 16. Januar 1969 über die Selbstverbrennung eines einundzwanzigjährigen Philosophie Studenten auf dem Prager Wenzelplatz. Fast fünf Monate nach dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei wollte Jan Palach mit seiner Selbstverbrennung ein Zeichen setzen gegen die sich verbreitende Lethargie und Hoffnungslosigkeit in der tschechoslowakischen Bevölkerung nach der Niederschlagung des Prager Frühlings. Die Schriftstellerin und frühere Sprecherin der Charta 77, Eva Kanturkova, erinnert sich daran, wie die Tat Palachs damals gewirkt hat:

"Die Atmosphäre zu dieser Zeit war angespannt. Überall im Land gab es das Gefühl der Bedrohung. Viele Menschen verloren ihre Arbeit. Wir haben in der damaligen angespannten Situation gar nicht die Bedeutung dieser Tat erfasst. Es war zwar ein außergewöhnliches Ereignis, und viele haben den Mut von Palach bewundert, aber heute sieht man diese Tat in einem ganz anderen Zusammenhang und anders", so Kanturkova.

An der Beerdigung Palachs am 24. Januar nahmen über 10.000 Menschen teil. Seine Tat fand auch Nachahmer. Einen Monat später verbrannte sich der Student Jan Zajic, ebenfalls auf dem Wenzelsplatz. Eine neue Widerstandsbewegung gegen das kommunistische Regime entstand durch diese Ereignisse aber nicht. Das erklärt Eva Kanturkova mit der damaligen Situation:

"Ich glaube, in dem rationalistischen tschechischen Umfeld rief die Tat eher so etwas wie Erschrecken und Befremdung hervor. Die Tschechen sind nicht gerüstet für solche großen Taten. Die Unterzeichnung des Moskauer Protokolls, mit dem fast alle Reformen rückgängig gemacht wurden, hatte die Menschen im Jahr 1968 bereits so gelähmt, dass es schon zu spät war, um massenhafte Reaktionen hervorzurufen."

Gedenkakt für Jan Palach auf dem Wolschaner Friedhof  (Foto: CTK)
Die kommunistische Parteiführung bemühte sich, Palach als einen psychisch kranken oder einen nicht aus freien Stücken handelnden Menschen darzustellen. Die Kommunisten fürchteten aber, Jan Palach könnte zu einem Märtyrer für eine freie Tschechoslowakei werden. 1973 wurde Palach deshalb von dem Wolschaner Friedhof in Prag auf den Friedhof der Stadt Vsetaty, dem Geburtsort von Palach, umgebettet. Erst nach 1989 wurde Palach wieder auf den Wolschaner Friedhof gebracht.

Jan Palachs Popularität und möglicherweise die ausführliche Schilderungen in den Medien haben dazu geführt, dass er Jahrzehnte später mehrere Nachahmer in Tschechien hatte. Im Frühling 2003 verbrannten sich sechs junge Menschen. Einer von ihnen bezog sich in einem im Internet veröffentlichten Abschiedsbrief ausdrücklich auf Jan Palach. Dieser hatte aber kurz vor seinem Tod einem anderen Studenten diktiert: "Meine Tat hat ihren Sinn erfüllt, aber niemand soll sie wiederholen. Die Studenten sollen ihr Leben schonen, damit sie ihr ganzes Leben lang unsere Ziele erfüllen können. Ich sage euch Auf Wiedersehen. Vielleicht sehen wir uns einmal wieder."