Zäsur bei Partei Top 09: Der Fürst geht, Kalousek kommt

Miroslav Kalousek (Foto ČK)

Am Wochenende hat in Prag der Kongress der konservativen Oppositionspartei Top 09 stattgefunden. Karel Schwarzenberg legte, wie er zuvor bereits angekündigt hatte, den Vorsitz nieder. Zu seinem Nachfolger wurde wie erwartet Partei- Mitbegründer Miroslav Kalousek gewählt.

Karel Schwarzenberg  (Foto: ČTK)
Es gibt wahrscheinlich nur wenige Parteichefs, die bei ihrem Abtritt einen solchen Beifall erhalten wie Karel Schwarzenberg. Die Delegierten beim Parteitag der Top 09 in Prag standen am Samstag auf und applaudierten sehr lange. Schwarzenberg zeigte sich bewegt:

„Was ich jetzt als Erstes empfinde, ist große Dankbarkeit an Sie alle. Denn wir haben einige Jahre zusammen verbracht, und ich habe mich immer unter Ihnen sehr wohl gefühlt. Ich muss außerdem zugeben, da ich mich in der Politik ja in verschiedenen Ländern bewegt habe, dass ich nur selten eine solch große Loyalität erlebt habe wie in unserer Partei.“

Foto: YouTube
Der scheidende Top-09-Chef erinnerte des Weiteren daran, dass jede Generation vor einer anderen Herausforderung steht: Für die Großväter sei es der Nationalsozialismus gewesen, für die Väter der Kommunismus, und heute sei es der Zustrom von Flüchtlingen, so Schwarzenberg. Dabei erinnerte er an sein eigenes Schicksal. Karel Schwarzenberg hatte während des Kommunismus in Bayern und in Österreich im Exil gelebt. Jeder von uns könne einmal Flüchtling werden und werde dann dem Gastgeberland dankbar sein, so Schwarzenberg:

Parteitag der Top 09  (Foto: Offizielle Facebook-Seite der Top 09)
„Viele Politiker predigen hierzulande Angst und Hass. Wir sollten uns aber nicht fürchten und die Menschen lieben. Dies ist die einzig richtige Politik im Geiste unserer christlichen Tradition. Es mag ein bisschen pathetisch klingen, aber ich weiß, dass wir noch harte Zeiten vor uns haben. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass die Wähler eine solche Partei schätzen werden, die sich an ihre Grundsätze hält, die immer für die Freiheit und den Rechtsstaat kämpft.“

Der scheidende Top-09-Chef warnte vor Populisten und Demagogen, die seinen Worten zufolge jedoch nur für eine kurze Zeit die politische Bühne beherrschen können. Er habe während seines langen Lebens derartige Erscheinungen bereits mehrfach mitbekommen, so der Politiker. Abschließend forderte er die Mitglieder auf, der Top 09 weiter zu vertrauen:

Miroslav Kalousek  (Foto: ČTK)
„Ein Kapitel endet, es beginnt ein neues Kapitel. Ich bin davon überzeugt, dass es einen neuen Geist mit frischen Ideen geben wird.“

Schwarzenberg ist nun Ehrenvorsitzender der Top 09. An der Parteispitze wurde er erwartungsgemäß vom Mitbegründer und bisherigen Vizechef, Miroslav Kalousek, abgelöst. Kalousek gehört zu den erfahrensten tschechischen Politikern. Früher war er Mitglied der Christdemokraten, in den Jahren 2003 bis 2006 sogar deren Parteichef gewesen. Zweimal bekleidete er das Amt des Finanzministers: in der Topolánek-Regierung und später in der Regierung von Petr Nečas. 2009 verließ er die christdemokratische Partei, nachdem ihm unter anderem vorgeworfen worden war, er stünde den Bürgerdemokraten (ODS) zu nahe. Kalousek gründete die konservative Partei Top 09 und wurde deren Vizechef. Am Sonntag wurde er zum Vorsitzenden der Top 09 gewählt. In seiner ersten Rede nach der Wahl erklärte er, die Top 09 werde sich für einen ausgeglichenen Haushalt einsetzen. Zudem kritisierte er die Politik von Finanzminister Andrej Babiš (Ano-Partei) und von Präsident Miloš Zeman:

Andrej Babiš  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„In Tschechien gilt: je weniger EU, desto mehr Moskau, und je mehr Moskau, desto mehr Zemans und Babišs.“

Die Top 09 sei 2009 als eine konservative proeuropäische Partei entstanden, sagte Kalousek im Gespräch für den Tschechischen Rundfunk:

„Die Verteidigung von konservativen Werten bleibt auch weiterhin eine unserer Prioritäten, aber aktuell kommt die Verteidigung sozusagen der anständigen Menschen vor dem anwachsenden Extremismus in ganz Europa hinzu. Wir wollen zudem, dass die Tschechische Republik die Flüchtlingskrise mit Würde bewältigt.“