Wogen glätten sich, Regierung in Sicht

Premierminister Stanislav Gross und Jiri Paroubek (Foto: CTK)

Sie haben es vielleicht in unseren Nachrichten gehört: Am Dienstag haben Umweltminister Libor Ambrozek und Verkehrsminister Milan Simonovský ihren Rückzug aus dem Vorstand der Christdemokratischen Partei (KDU-CSL) angekündigt und damit in letzter Minute den Weg für eine Neuauflage der sozialliberalen Drei-Parteien-Koalition geebnet. Jetzt scheint Ruhe in die seit Monaten tobende Regierungskrise zu kommen. Gerald Schubert berichtet:

Premierminister Stanislav Gross und Jiri Paroubek  (Foto: CTK)
Die Sozialdemokraten wollten eigentlich nicht, dass Ambrozek und Simonovský im neuen Kabinett bleiben. Denn beide Minister hatten vor wenigen Wochen einem Misstrauensantrag gegen die eigene Regierung zugestimmt. Nun aber haben die beiden wenigstens eine Forderung der Sozialdemokratischen Partei (CSSD) erfüllt: Sie sind keine Spitzenfunktionäre der KDU-CSL mehr und damit ministrabler als zuvor. Die Sozialdemokraten steigen auf den Handel offenbar ein. Die etwas ungünstige Optik versucht ihr Parteichef, Premierminister Stanislav Gross, mit staatsmännischer Umsicht auszugleichen:

"Eine Lösung der Krise ist derzeit wichtiger als die Durchsetzung eigener Interessen. Die Öffentlichkeit wartet auf entsprechende Schritte. Unseren Schritt werden nun manche vielleicht als Niederlage oder als Zeichen der Schwäche interpretieren. Aber ich habe das Gefühl, dass man in der gegenwärtigen Situation auch ein bisschen über den Dingen stehen muss."

Miroslav Kalousek,  Chef der Christdemokraten  (Foto: CTK)

Miroslav Kalousek, Chef der Christdemokraten, gibt sich nicht weniger staatstragend als Gross:

"Die personelle Besetzung der Regierung durch christdemokratische Minister ist von Beginn der Legislaturperiode an klar gewesen. Die KDU-CSL ist die stille Kraft, eine konservative Partei, die ihre Minister in der Regierung nicht austauschen wird."

Offenbar sind derzeit also alle bemüht, die Wogen zu glätten. Sogar Kalousek, der Gross ja wegen undurchsichtiger Privatgeschäfte zum Rücktritt aufgefordert und damit die Krise erst ausgelöst hatte, ändert den Ton: Nicht die Rechtfertigung seiner Kritik an Gross steht hier im Mittelpunkt, sondern die Darstellung der Christdemokraten als stabile Kraft, ja als "stille Kraft", wie es der Parteislogan sagt.

Jirí Paroubek  (Foto: CTK)
Grundbedingung für die Bildung eines, wie es immer geheißen hatte, "pro-europäischen, nicht kommunistischen Kabinetts" war der Rücktritt von Gross. Den hat der Premier versprochen. Allerdings hat die CSSD mit Jan Kohout, dem Botschafter bei der EU, bereits einen designierten Regierungschef verbraucht, als vorige Woche eine Fast-Einigung nach wenigen Stunden wieder kippte. Noch einmal will sich Kohout nicht zur Verfügung stellen. Nun soll Jirí Paroubek, derzeit Minister für Regionalentwicklung, neuer Regierungschef werden. Paroubeks erste Reaktion:

"Ich denke, ich bin ein professioneller Politiker. Freude? Nein, ich habe ein neutrales Gefühl. Und ich bin mir der Tatsache bewusst, dass mir da eine enorme Aufgabe bevorsteht."

Am Donnerstag soll Klarheit über die personelle Besetzung des neuen Kabinetts herrschen.