Winterspiele 2018 in Pyeongchag: Tschechische Meinungen sind gespalten

Vorsitzender des Internationalen Olympischen Komitees Jacques Rogge (Foto: ČTK)

In der Nacht auf Donnerstag flossen in München die Tränen: Die Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) stimmten ab, wo die Winterspiele 2018 ausgetragen werden sollen – und entschieden sich für das südkoreanische Pyeongchang. Das Nachsehen hatten die bayerische Landeshauptstadt und das französische Annecy. Tschechische Funktionäre und Sportler haben keine einheitliche Meinung über die Entscheidung, die im südafrikanischen Durban gefällt wurde.

Vorsitzender des Internationalen Olympischen Komitees Jacques Rogge  (Foto: ČTK)
Es ist nicht der Wunschkandidat des Tschechischen Olympischen Komitees (ČOV), der gesiegt hat. Milan Jirásek als Vorsitzender hatte München den Vorzug gegeben:

„In Deutschland liegen die Zuschauerzahlen beim Wintersport am höchsten, da kommen zum Beispiel 90.000 Menschen zum Biathlon in Ruhpolding. Auch die Fernsehübertragungen vom Wintersport haben die meisten Zuschauer.“

Die tschechischen Sportler sind hingegen gespaltener Meinung – je nach Erfahrung. Die Biathletin Veronika Vítková zum Beispiel zeigte sich über die Wahl von Pyeongchang erfreut. In der südkoreanischen Stadt hatte sie 2009 an ihrer ersten Weltmeisterschaft teilgenommen und dabei als Newcomerin gut abgeschnitten. Ganz anders reagierte der Skialpine Filip Trejbal, der seine Stärken besonders im Slalom hat:

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„Korea oder andere Erdteile sind immer problematisch wegen der Anreise, der Akklimatisierung und Weiterem. Man ist nicht ans Essen und an die Menschen gewöhnt. Wenn ich zum Beispiel Vancouver nehme, was man da alles an Sachen für einen Monat mitnehmen musste, das war wie ein Umzug. Es ist einfach schwierig.“

Die tschechischen Sportler und die Funktionäre sind jedoch überzeugt, dass die Südkoreaner alles tun werden für eine möglichste perfekte Organisation. Der ehemalige Speerwerfer Jan Železný, der auch für das Tschechische Olympische Komitee nach Durban gereist war, verwies in punkto Organisation auf seine positiven Erfahrungen von den Sommerspielen 1988 in Seoul. Sein Chef Jirásek glaubt allerdings, bei der Entscheidung für Pyeongchang habe auch Mitleid eine Rolle gespielt:

Milan Jirásek
„Sie haben zweimal hintereinander knapp verloren. Es war aber in Wirklichkeit die vierte südkoreanische Bewerbung in Folge. Denn vor Pyeongchang gab es bereits eine erfolglose Bewerbung eines anderen Skigebiets.“

Seine Vorbehalte wiederholte der Vorsitzende des Tschechischen Olympischen Komitees noch einmal nach der Abstimmung:

„Für tschechische Schlachtenbummler liegt das weit weg. Für unsere Sportler dürfte die Akklimatisierung ein wenig zum Problem werden. Sie müssen dort längere Zeit ihr Trainingslager aufschlagen, die Strecken oder Pisten, den Schnee und wegen der Nähe zum Meer auch das Wetter kennenlernen“, so Jirásek.

Die Bilanz tschechischer und slowakischer Sportler bei den zwei bisherigen Olympischen Winterspielen in Asien jedoch ist gut. 1972 in Sapporo gewann Ondrej Nepela Gold im Eiskunstlauf und 1998 in Nagano taten es ihm die tschechischen Eishockeyspieler gleich.

Autor: Till Janzer
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