Werden homosexuelle Tschechen in der EU heiraten können?

"Europafieber": So der Name einer Miniserie, die wir am heutigen Tag starten und jeweils am Donnerstag im Rahmen unseres Tagesechos senden werden. Und zwar bis zum Termin des EU-Beitritts der Tschechischen Republik. Denn gerade auf die EU-Erweiterung, auf die Fragen danach, was der Beitritt unseres Landes zur Union in den verschiedenen Bereichen des alltäglichen Lebens bringen wird, sind unsere Beiträge ausgerichtet. Das erste Thema, dem wir uns zuwenden, lautet "Minderheiten". Dass die Erweiterung der Europäischen Union die Grenzen zwischen den Nationen gewissermaßen verwischen und auch nationale Minderheiten in den einzelnen Ländern in eine neue Situation versetzen wird, das ist offenkundig. Aber auch eine andere Minderheit in der Tschechischen Republik kann gewisse Hoffnungen mit dem EU-Beitritt verbinden. Die Homosexuellen. Markéta Maurová berichtet.

Die gleichgeschlechtlichen Paare haben in Tschechien keine Möglichkeit, ihr Bündnis vor dem Gesetz zu besiegeln. Seit 1997, als die erste entsprechende Vorlage entstanden ist, wurden bereits drei solche Gesetze wieder vom Tisch gewischt. Zuletzt im Februar dieses Jahres. Ein neuer Entwurf wird derzeit im Abgeordnetenhaus vorbereitet, wobei sich Abgeordnete aller politischen Parteien mit Ausnahme der Christdemokraten daran beteiligen. Auch die so genannte "Liga der Schwulen und Lesben" hat ihre Zusammenarbeit angeboten und steht mit einigen Abgeordneten in Kontakt. Die Liga will die neue Fassung des Gesetzes gegenüber der Regierungsvorlage um einige Punkte erweitern. Man vermisst dort nämlich u. a. eine gegenseitige Unterhaltspflicht der Partner sowie eine ausreichende Regelung von Eigentumsverhältnissen bzw. Erbansprüchen. Jan Bretl von der Liga:

"Es fehlte darin eine Reihe von Dingen. Die Vorlage war nur das Konstatieren dessen, dass sich zwei Bürger desselben Geschlechts irgendwo registrieren können. Aber das war alles."

Im Unterschied zu Tschechien gibt es in vielen Ländern der Union bereits eine gesetzliche Verankerung von Rechten und Pflichten in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Jan Bretl sieht ein Vorbild, das seinen Vorstellungen entspricht, im deutschen Modell.

"In vielen Ländern Europas existiert bereits eine solche Norm. Wir begegnen im Grunde drei Modellen. Nach dem holländischen Modell stehen die Bündnisse gleichgeschlechtlicher Paare eigentlich auf der Ebene einer Ehe. Dann gibt es das deutsche Modell, das die gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft etwa in dem Umfang regelt, den wir uns vorstellen würden. Und dann gibt es das französische Modell, das uns nicht ideal erscheint, weil er das Bündnis von zwei Personen ohne Rücksicht auf ihr Geschlecht regelt."

Das deutsche Modell mit seiner Regelung von Unterhaltspflicht, Eigentumsverhältnissen und Erbansprüchen ist es also, woran sich die Vorbereitung des neuen tschechischen Gesetzes orientieren soll. Bezüglich des EU-Beitritts der Tschechischen Republik zeigt sich Jan Bretl von der "Liga der Schwulen und Lesben" optimistisch. Dieser könne der homosexuellen Minderheit hierzulande zweifelsohne helfen:

"Bestimmt. Die Europäische Union hat ihren Mitgliedern und Beitrittskandidaten empfohlen, bis zum Jahr 2007 ein solches Gesetz in ihre Rechtsordnung zu implementieren. Obwohl es sich um keine verbindliche Bedingung handelt, glauben wir, dass dies helfen könnte."