Vor 15 Jahren kamen die ersten Asylbewerber in die Tschechoslowakei

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Die Asylantenproblematik war nach der Wende von 1989 in der damaligen Tschechoslowakei etwas völlig Neues, man hatte keine Erfahrungen mit Flüchtlingen. Mit der Zeit wurden eine organisatorische Struktur, die notwendige Legislative sowie mehrere Aufnahme- und Integrationszentren für die Asylbewerber aufgebaut. Vor 15 Jahren, im August 1990, sind die ersten Flüchtlinge in die ehemalige Tschechoslowakei gekommen. Mitarbeiter der staatlichen Institutionen sowie der NGOs, die mit Flüchtlingen arbeiten, trafen am Mittwoch in Liberec / Reichenberg zusammen, um über ihre Erkenntnisse, Erfahrungen und Perspektiven zu diskutieren. Mehr von Martina Schneibergova.

Miluse Dohnalova  (Foto: Autorin)
Den Angaben des tschechischen Innenministeriums zufolge wurden in den Jahren 1991-2004 in Tschechien beziehungsweise in der Tschechoslowakei 71.500 Asylanträge gestellt. 70 Prozent der Asylbewerber sind Männer. Was die Nationalität der Flüchtlinge anbelangt, herrschten unter ihnen die Ukrainer vor, gefolgt von Tschetschenen, Tadschiken, Moldawiern, Armeniern, Vietnamesen und Rumänen.

Die anfangs erwähnte Konferenz wurde von der 1996 errichteten Verwaltung der Asyleinrichtungen im Rahmen eines auf die tschechische Öffentlichkeit zielenden Projektes organisiert. Unter dem Motto "Unter einer Sonne" werden beispielsweise Theatervorstellungen und Konzerte veranstaltet, bei denen Asylbewerber mitwirken. Die Leiterin der Verwaltung der Asyleinrichtungen Miluse Dohnalova hält bei der Zusammenarbeit mit der Öffentlichkeit die persönliche Erfahrung für wichtig:

"Wenn man den Menschen die Möglichkeit bietet mit einem konkreten Flüchtling zusammenzutreffen, mit ihm zu reden und einige Zeit gemeinsam zu verbringen, ändert sich in der Regel die Haltung der tschechischen Öffentlichkeit zu den Asylbewerbern sehr positiv und der Stand der Informiertheit wird bedeutend besser."

Eines der Diskussionsthemen, das sich einer besonderen Aufmerksamkeit erfreute, war das Leben der Kinder aus Flüchtlingsfamilien. Denn dank ihrer besseren Sprachkenntnisse spielen die Kinder oft eine Vermittlerrolle zwischen ihrer Familie und der Umwelt, sagt Miluse Dohnalova:

"Einerseits ist das Kind ein willkommener Helfer, andererseits übernimmt es eine Rolle, die ihm nicht zusteht. Wir bemühen uns, die Eltern davon abzubringen, dass sie ihre Kinder in diesem Sinne ausnutzen. Wir erleben, dass die Kinder schon nach vier Monaten Aufenthalt in Tschechien sehr gut tschechisch sprechen, dass sie in der Schule eine Eins in Mathe sowie in Tschechisch haben. Aber die Eltern sollten das nicht missbrauchen."

Dohnalova zufolge kommen die Flüchtlinge oft mit übertrieben hohen Erwartungen in das ersehnte Land. Dies sei, so Dohnalova, jedoch verständlich, da sie meistens auch ihr ganzes Eigentum in die Erfüllung ihres Traums investieren. Sie wollen die Realität oft nicht zur Kenntnis nehmen:

"Eben darin liegt die Schwierigkeit unserer Arbeit, weil wir auch unangenehme Sachen sagen, die das falsche Bild von der Wirklichkeit korrigieren helfen."