„Vernarrt in Gott“ oder einfacher Kirchengänger: Tage des Glaubens in Prag

Foto: Martina Schneibergová

Den Glauben und das Leben der heutigen Christen vorzustellen: Das ist das Ziel eines ökumenischen Festivals, das in diesen Tagen in Prag veranstaltet wird.

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Viel Sakralmusik erklang während der Nacht der Kirchen, die am vergangenen Freitag in ganz Tschechien stattfand. Im Anschluss an die Kirchennacht wurde in Prag ein ökumenisches Festival eröffnet. Unter dem Titel „Tage des Glaubens“ werden rund 300 Programmpunkte an unterschiedlichen Orten der Hauptstadt angeboten. Nach Inspiration haben die Veranstalter in anderen europäischen Großstädten gesucht. Michal Němeček leitet das Organisationsteam der Tage des Glaubens:

„Am meisten haben uns entsprechende Veranstaltungen in Wien und in Bratislava inspiriert. Ähnliche Festivals gab es aber auch schon in Brüssel oder in Paris. Im Unterschied zur Nacht der Kirchen sprechen wir während der Tage des Glaubens nicht nur in unseren Kirchen, Pfarreien und Gebetssälen über das Christentum, sondern wir gehen wirklich hinaus – in Cafés oder zum Beispiel in die Stadtbibliothek.“

Jüdische Tänze in der Fußgängerzone in der Straße Na Příkopě  (Foto: Martina Schneibergová)
Auch in der Václav-Havel-Bibliothek, an der Karlsuniversität, in einigen Prager Theatern und auf der Straße findet das Festival statt. Das Ensemble Rút stellte beispielsweise jüdische Tänze in der Fußgängerzone in der Straße Na Příkopě (Am Graben) vor. Auf dem Jungmann-Platz ist wiederum eine Fotoinstallation zu sehen, die wenig bekannte visuelle Symbole des Glaubens in Prag zeigt. Michal Němeček:

„Ziel ist, mit Menschen, die in der Regel mit dem Glauben oder der Kirche nicht in Kontakt kommen, über das Christentum sprechen. Natürlich haben die Tage des Glaubens höchstwahrscheinlich auch für die christlichen Gemeinden eine Bedeutung. Es kann sein, dass Pfarrgemeinden dazu angeregt werden, sich auch dort zu engagieren, wo sie sich dies bisher nicht getraut haben.“

Jiří Grygar und Dominik Duka  (Foto: Martina Schneibergová)
Vom Interesse der Prager für das Festival zeugen die vollen Säle bei den ersten Veranstaltungen. So musste der Vortrag des renommierten Astrophysikers Jiří Grygar zum Thema „Die Wissenschaft und der Glaube“ kurz vor Beginn aus dem Vorlesungssaal in die geräumige Herz-Jesu-Kirche verlegt werden. Das große Refektorium des Franziskanerklosters platzte aus allen Nähten, als dort eine Diskussion mit dem Titel „Blázni pro Boha“ (zu Deutsch etwa „Vernarrt in Gott“) stattfand. Ordensmitglieder erzählten von ihrem oft komplizierten Weg in eine solche Gemeinschaft und vom Leben im Kloster. Schwester Alverna ist Borromäerin und arbeitet im Krankenhaus. Auf die Frage, in welcher Beziehung sie als Ordensschwester zu Nichtgläubigen stehe, sagte sie:

Viktor Frešo: „Gott ist Liebe“  (Foto: Martina Schneibergová)
„Wenn ich authentisch lebe, also in der Liebe zu Christus, muss auch ein nichtgläubiger Mensch bei einer Begegnung erkennen, dass ich wirklich für etwas lebe. Ich bin davon überzeugt, dass wir und die Nichtgläubigen uns gegenseitig bereichern können.“

Zu Festivalbeginn wurden in neun historischen Prager Kirchen moderne Kunstwerke installiert, die bis Ende Juni dort zu sehen sein werden. In der Herz-Jesu-Kirche auf dem Platz Náměstí Jiřího z Poděbrad hängt über dem Hauptaltar eine Installation des slowakischen Künstlers Viktor Frešo. Sie erinnert an eine Leuchtreklame, die Aufschrift lautet: „Boh je láska“. (zu Deutsch „Gott ist Liebe“). Viktor Frešo:

Ausstellung „Vernarrt in Gott“  (Foto: Martina Schneibergová)
„Die Aufschrift stellt für mich den Höhepunkt der konzeptuellen Kunst dar. Denn sie hat eine philosophische sowie eine theologische Dimension. Sie ist witzig, geistlich und wahrhaft. Und zudem handelt es sich um Gegenwartskunst.“

Die Tage des Glaubens in Prag dauern noch bis 6. Juni. Die Ausstellung mit dem Titel „Vernarrt in Gott“ ist im Franziskanerkloster bei der Maria-Schnee-Kirche auf dem Jungmann-Platz bis 14. Juni zu sehen.