Verfassungsgericht führt Steuerfreibetrag für arbeitende Rentner wieder ein

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Als Rentner etwas hinzuzuverdienen – das kann sich in Tschechien wieder mehr lohnen. Das Verfassungsgericht hat am Mittwoch jenen Teil einer früheren Steuerreform aufgehoben, mit dem arbeitenden Senioren der Steuerfreibetrag aberkannt worden war.

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Diese Bestimmung über den Steuerfreibetrag diskriminiere Rentenempfänger, urteilte das Gericht. Der Vorsitzende des Verfassungsgerichts Pavel Rychetský:

„Es ist eine extreme Disproportion, ein extremer Fall der Verletzung des Gleichheitsprinzips.“

Die Richter gaben somit der Beschwerde einer Gruppe von Senatoren Recht. Bereits für das laufende Jahr 2014 können daher alle arbeitenden Senioren den Steuerfreibetrag geltend machen, ohne Rücksicht darauf, ob sie Rente beziehen oder nicht.

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Die Rentenhöhe liegt in Tschechien bei durchschnittlich 11.000 Kronen, das sind umgerechnet etwa 400 Euro. Viele Senioren, konkret 145.000, arbeiten daher hierzulande weiter, obwohl sie den Ruhestand erreicht haben. Das Durchschnittseikommen der Rentner liegt dank den Hinzuverdiensten daher bei etwa 550 Euro. Zum Vergleich: Im EU-Durchschnitt betragen die monatlichen Einkünfte eines Rentners im Durchschnitt 1200 Euro, also mehr als das Doppelte.

Natürlich müssen die arbeitenden Rentner ihren Hinzuverdienst entsprechend versteuern. Allerdings waren sie zuletzt die einzige Bevölkerungsgruppe, die den allgemein gültigen Freibetrag in Höhe von etwa 900 Euro nicht geltend machen konnte. Dieser wurde Anfang 2013 im Rahmen der Steuerreform der konservativen Regierung Petr Nečas abgeschafft.

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Der 68-jährige Petr Vítů arbeitet als Pförtner. Er beschreibt die Lage vor dem Urteilsspruch:

„Es arbeiten hier sowohl Rentner als auch Mitarbeiter vor dem Renteneinstieg. Und jede Gruppe erhält für dieselbe Arbeit unterschiedlich viel Geld.“

Für die Steuerreform von 2013 war der damalige Finanzminister Miroslav Kalousek verantwortlich:

Miroslav Kalousek  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Die Regelung galt als Übergangsmaßnahme und war für die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen die richtige Entscheidung.“

Kalousek verweist auch darauf, dass der Steuerfreibetrag für Rentner erst 2007 erstmals eingeführt worden war.

Die jetzige Wiedereinführung wurde auch vom Seniorenrat der Tschechischen Republik begrüßt. Zdeněk Pernes ist der Vorsitzende des Rates:

„Wir sind mit dem Beschluss zufrieden. Es existiert doch noch Gerechtigkeit in der Tschechischen Republik.“

Im Abgeordnetenhaus soll demnächst eine neue Reform der Einkommenssteuern behandelt werden, ausgearbeitet wurde sie von der Regierungskoalition. In der Novelle ist unabhängig vom Verdikt des Verfassungsgerichts bereits eine Wiedereinführung des Steuerfreibetrags für Rentner verankert. Das Finanzministerium rechnet in diesem Zusammenhang mit einem Rückgang der Staatseinnahmen um etwa 1,7 Milliarden Kronen (62 Millionen Euro).