Urteil revidiert: Ex-Minister Mlynár und zwei Mitarbeiter nach Berufung freigesprochen

Rückblende: Vor zehn Monaten fällte das Prager Stadtgericht ein Aufsehen erregendes Urteil, als es den ehemaligen Informatik-Minister Vladimír Mlynár zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Vorgeworfen wurden ihm Amtsmissbrauch und Handeln zum Nachteil des Staates. An diesem Mittwoch aber nun die Wende: Im Berufungsverfahren entscheidet das Obere Gericht Prags auf Freispruch für Mlynár und hebt damit das vorherige Urteil auf.

Vladimir Mlynár  (Foto: CTK)
Ende Januar kannte die Richterin Silvie Slepickova keine Gnade: Wegen der bereits genannten Vorwürfe verurteilte sie den Ex-Minister zu fünfeinhalb und zwei ehemals enge Mitarbeiter von ihm zu jeweils sechs Jahren Freiheitsentzug. Um ein Internet-Portal für die öffentliche Verwaltung einzuführen, hatte Mlynár als zuständiger Minister im Jahr 2003 das staatliche Institut Testcom angewiesen, eine Firma zu gründen, die das Portal betreiben sollte. Dafür hatte er Testcom 7,5 Millionen Kronen aus dem Etat seines Ressorts bereitgestellt. Eine Gesetzeswidrigkeit, wie sich herausstellte, aber keine, die zu einem irreparablen Schaden führte. Denn nachdem Mlynár von Ex-Finanzminister Bohuslav Sobotka darauf aufmerksam gemacht wurde, dass eine staatlich finanzierte Organisation keine Handelsgesellschaft gründen darf, ließ er die Firma nach nur vier Monaten wieder auflösen. Das Geld sei noch auf den Konten vorhanden, beteuerte Mlynár damals und verteidigte sich damit, sein Vorgehen zuvor mit seinen Rechtsexperten abgestimmt zu haben. Nach dem für ihn schockierenden Urteil vom Januar ist seine Erleichterung über den jetzigen Freispruch umso größer:

„Ich bin selbstverständlich zufrieden, denn das Gericht hat das bestätigt, was ich von Anfang an behauptet habe – dass weder Schaden entstanden ist noch dass eine Straftat vorgelegen hat. Und wie bei der Urteilsbegründung zu hören war, sind wir aus ökonomischer Sicht letztlich sogar richtig vorgegangen.“

Der Vorsitzende des Strafsenats, Pavel Zelenka, sprach nach dem Urteil des Oberen Gerichts davon, dass die Entscheidung, die Mlynár seinerzeit getroffen hat, zwar fehlerhaft und rechtswidrig gewesen sei, andererseits aber nicht einmal die Anzeichen einer Straftat erfüllt hätte. So wie Mlynár hätten auch seine beiden Mitarbeiter in Unkenntnis der Rechtslage gehandelt und seien deshalb ebenso freizusprechen, sagte Zelenka.

Vladimir Mlynár  (rechts,  Foto: CTK)
Für Vladimír Mlynár hat die ganze Affäre also ein gutes Ende genommen. Den dicken Schlussstrich aber macht der Ex-Minister noch nicht. Im Gegenteil, er lässt nun rechtliche Schritte prüfen, wie er jene Zeugen, die ihn mit Falschaussagen belastet haben, zur Rechenschaft ziehen kann. Eine Erkenntnis aber habe er nach Prozess und Berufung schon jetzt gewonnen:

„Nach meinen Erfahrungen mit Richterin Slepicková hatte ich zwar so meine Befürchtungen, aber ich glaubte an die Gerechtigkeit. Und wenn es eine gute Nachricht aus diesem Berufungsprozess gibt, dann die, dass das Justizwesen in der Tschechischen Republik funktioniert. Manchmal veranlasst die Justiz zwar Dinge, die ein gesunder Menschenverstand nicht begreift, so dass sie daher auch falsche Urteile fällt. Aber in meinem Fall hat das Obere Gericht letzten Endes ein gerechtes Urteil gefunden und mich freigesprochen.“

Eine solch eindeutige Meinung aber hat die tschechische Presse nicht. Die Frage bleibt, wie viele Leute, die nicht so berühmt und einflussreich sind wie Mlynár, eine Erfahrung mit gegenteiligem Ausgang gemacht haben. „Die Justizreform, die Minister Pospísil anstrebt, kommt für viele von ihnen eher zu spät. Sie hatten einfach schlechte Richter…“, schließt beispielsweise die Tageszeitung „Mlada fronta Dnes“ ihren Kommentar vom Donnerstag.