Unter tschechischer Leitung: Europäischer Rat tagt in Brüssel

Es so etwas wie das Finale der zu Ende gehenden tschechischen EU-Ratspräsidentschaft und gleichzeitig der erste große Auftritt von Premierminister Jan Fischer im Kreis seiner 26 EU-Kollegen: In Brüssel tagt am Donnerstag und Freitag der Rat der Europäischen Union. Martina Schneibergová hat mit Daniel Kortschak gesprochen, der für Radio Prag vor Ort ist:

Daniel, was hat sich die tschechische Ratspräsidentschaft für diesen Gipfel vorgenommen? Was steht auf der Agenda?

„Also auf der Agenda steht einiges, Tschechien hat sich viel vorgenommen. Premier Jan Fischer hat gleich nach der Ankunft der tschechischen Delegation in Brüssel die wichtigsten Punkte vorgestellt. Erstens geht es um die Neubestellung des EU-Kommissionspräsidenten, zweitens um eine die Formulierung von Zugeständnissen an Irland, das ja voraussichtlich im Herbst noch einmal über den EU-Reformvertrag von Lissabon abstimmen will. Und drittens darf natürlich auch die weltweite Wirtschaftskrise und die Maßnahmen dagegen nicht fehlen, außerdem will man auch noch über die Klimapolitik sprechen. Zudem erwartet Premier Fischer, dass die einzelnen Mitgliedsstaaten noch weitere Themen auf die Tagesordnung setzen wollen: Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat offenbar Jan Fischer gegenüber schon angedeutet, dass sie über das Thema Milchpreis sprechen will. Dazu passt, dass in der Nacht auf Donnerstag Hunderte Milchbauern aus Deutschland, Frankreich und weiteren europäischen Ländern mit ihren Traktoren nach Brüssel getuckert sind, um hierb für höhere Milchpreise zu demonstrieren.“

Das Thema Milchpreis ist ja mit Sicherheit ein heißes Eisen. Wie schätzt du die übrigen Punkte der Agenda ein? Ist da im Vorfeld schon alles klar oder wird es noch heftige Diskussionen geben?

„Nun, dass José Manuel Barroso für eine zweite Amtszeit als Kommissionspräsident vorgeschlagen wird, darüber sind sich die 27 EU-Staats- und Regierungschefs anscheinend einig, das hat auch Premier Fischer im Vorfeld des Gipfels anklingen lassen. Diskussionsbedarf wird es sicher in der Sache Irland geben. Zwar zeichnen sich die wichtigsten Zugeständnisse schon länger ab, etwa die Beibehaltung der Regel ‚ein Kommissar pro Mitgliedsland’ oder eine Ausnahmeregelung für Irlands Abtreibungsverbot. Uneinig sind sich die EU-Länder aber über die praktische Umsetzung: Irland fordert einen Vertragszusatz zum Lissabon-Vertrag, das lehnen aber die meisten anderen Länder ab und wollen es bei einer – rechtlich bindenden – gemeinsamen Gipfel-Erklärung belassen. Das ist auch die Position der tschechischen Ratspräsidentschaft. Und im Bereich Klima-Politik will man – so heißt es aus der tschechischen Delegation - mit Polen ein ernstes Wort reden, das die geplante Regelung zum Verkauf von Verschmutzungs-Zertifikaten für die Industrie bisher ablehnt.“