UNESCO-Kulturerbe: Erben erhalten Villa Tugendhat zurück

Villa Tugendhat

Sie ist eines der bedeutendsten modernen Architekturdenkmäler der Tschechischen Republik und Teil des UNESCO-Weltkulturerbes: Die Villa Tugendhat in Brno / Brünn; 1930 vom Stararchitekten Mies van der Rohe für die jüdische Textilindustriellen-Familie Tugendhat errichtet. Nun soll die Villa an die Erben zurückerstattet werden. Das hat am Dienstag überraschend der Brünner Stadtrat entschieden.

Villa Tugendhat
Nur acht Jahre konnten Fritz und Grete Tugendhat in ihrer Villa wohnen, dann zwangen sie die Nazis ins Exil. Das Haus wurde von der Gestapo beschlagnahmt, später von der Roten Armee. 1992 wurde am Esstisch der Tugendhats die Teilung der Tschechoslowakei besiegelt. Derzeitiger Eigentümer der Villa ist die Stadt Brünn:

"Wir erkennen den moralischen Anspruch der Familie Tugendhat auf das Haus an und werden alle notwendigen Schritte unternehmen, damit die Villa der Familie zurückgegeben werden kann",

so Oberbürgermeister Roman Onderka (CSSD) nach der überraschend eindeutigen Abstimmung des Stadtrates am Dienstag. Ursprünglich hatten sich die Tugendhat-Erben, darunter die Kunsthistorikerin Daniela Hammer-Tugendhat, bereit gezeigt, das Haus der Stadt zu überlassen. Eine zugesagte Renovierung verzögert sich jedoch seit Jahren; inzwischen weist das Haus schwere Bauschäden auf. Die Erben wollen daher das Schicksal der Villa nun in die eigene Hand nehmen, so ihr Anwalt Augustin Kohoutek:

Danielle Hammer-Tugendhat  (links) und Ruth Tugendhat  (Foto: CTK)
"Die Familie Tugendhat hat vor, die Villa auch weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich zu halten und zum anderen so schnell wie möglich eine Rekonstruktion in Angriff zu nehmen."

Wann und wie die Villa tatsächlich in das Eigentum der Tugendhats zurück übertragen werden kann, ist derzeit aber noch völlig unklar. Bürgermeister Onderka will das Haus zunächst dem Staat überschreiben:

"Seit dem Jahr 1989 wurde alles, was Restitution und Entschädigungen für den Holocaust betrifft, vom Staat geregelt. Wir meinen, dass das auch weiter so bleiben sollte."

Teile des Brünner Stadtrates halten davon aber nichts - genauso wie Finanzminister Mirek Kalousek (KDU-CSL):

"Der Eigentümer ist die Stadt Brünn. Wenn die ihren Besitz in irgendeiner Weise an Privatpersonen übertragen will, dann soll sie das auf direktem Weg machen."

Gut möglich also, dass hier noch ein längeres rechtliches Hin- und Her ansteht. Zum Schaden vor allem für die Villa selbst - die Vorbereitungen zur Rekonstruktion wurden mit der Rückgabeentscheidung des Stadtrates nämlich eingestellt.