Umweltschutz in Tschechien: Praxis hinkt den Gesetzen hinterher

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Umweltschutz – dieser Ausdruck war in Tschechien bis zur Wende fast ein Fremdwort. Ebenso wie Abfallsortierung, Öko-Strom oder Bioprodukte. Inzwischen sind diese Begriffe in der tschechischen Öffentlichkeit beinahe zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Man hat hier in den letzten 18 Jahren gelernt, wie man ökologisch leben kann. Haben aber auch die Abgeordneten gelernt, wie man im Parlament ökologisch abstimmt? Der Verband der Umweltorganisationen „Zelený kruh“ – zu Deutsch „Der Grüne Kreis“ - verfolgt die Aktivitäten des Abgeordnetenhauses auf dem Gebiet des Umweltschutzes. Nun wurde eine Bilanz gezogen. Also: Was sind die Trends in der tschechischen Legislative in den letzten Jahren? Das ist die Frage an Petra Humlíčková von Zelený kruh.

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„Der wichtigste Trend, den wir registriert haben, ist das Nachlassen der Ratifizierungen von Umweltgesetzen der Europäischen Union. Das ist überwiegend in der Zeit kurz vor dem Beitritt Tschechiens in die EU 2004 erledigt worden. Heute ist die Situation eigentlich ruhiger es kommt nur zu einzelnen Reaktionen auf die vorbereiteten Richtlinien und zu ihrer Überführung in das tschechische Rechtssystem.“

Wenn man den heutigen Stand mit unseren Nachbarn vergleicht – wie schneidet die Tschechische Republik da ab?

Elbe
„Vor allem dank der Europäischen Union und unserem Beitritt ist unsere Legislative ungefähr auf dem gleichen Niveau wie in den Nachbarstaaten. In den neuen EU-Mitgliedsländern reagiert man manchmal auf die europäische Legislative schneller als im Westen. Aber es besteht immer noch das große Problem, was dann in der Praxis passiert. Die Fälle, die bei uns geläufig sind, wären zum Beispiel bei unseren deutschen Nachbarn nicht möglich. Ich meine zum Beispiel die fortdauernden Pläne für einen Elbausbau mit Stauwehren und der Betonierung des Flussbettes.“

Heißt das also, dass wir zwar Gesetze haben, aber man hält sich nicht daran?

„Ja. Das ist leider immer noch eine kleine tschechische Spezialität. Man denkt hier, dass man sich an die Gesetze nicht immer halten muss, dass die Umwelt eigentlich niemandem gehört und der Schaden eben auch niemanden stört. Tatsächlich aber gehört die Umwelt uns allen - in Wirklichkeit ist es also umgekehrt.“

Die Grünen sitzen seit 2007 in der Regierung. Hat das einen Einfluss auf die Gesetzgebung gerade auf dem Gebiet der Ökologie?

„Ja sicher. Es hat sich die gesamte Situation und Atmosphäre geändert. Die Abgeordneten erlauben sich nicht mehr so oft, den legislativen Prozess zu missbrauchen. Das wird so gemacht, dass man im Paket mit einem Gesetz, das mit der Umwelt gar nicht zu tun hat, die Änderung eines anderen Gesetzes durchsetzt, das zum Beispiel einen Autobahnbau definiert. In dem letzten Jahr wurden solche Versuche der Abgeordneten stark kritisiert. Jetzt passiert so etwas seltener.“