Über die Eröffnung der Ausstellung Deutsche Fotografie im 20. Jahrhundert

Jürgen Klauke, Entscheidungsnotstand, 1996/97

In der tschechischen Hauptstadt Prag gibt es erneut eine großartige Fotopräsentation, diesmal vom deutschen Nachbarn. Vom 18. Juni bis 28. September wird die Ausstellung der Deutschen Fotografie im 20. Jahrhundert mit dem Titel "Von Körpern und anderen Dingen" in der Galerie der Hauptstadt im Gebäude der Städtischen Bibliothek gezeigt. Es berichtet Brigitte Silna:

Ungewöhnlich ist, dass der deutsche Fotografietheoretiker Klaus Honnef von tschechischer Seite gebeten wurde, dieses umfangreiche Ausstellungsprojekt in und für Prag zu konzipieren. Seinen Worten nach, wird künftig eine ähnliche Initiative in diesem Umfang in Deutschland kaum realisierbar sein. Er zollte der Prager Hauptstadtgalerie großen Respekt und lobte besonders die intensive und kompetente Zusammenarbeit mit den dortigen Mitarbeitern. Die Räume sieht Klaus Honnef gerade für dieses Fotografieprojekt als absolut ideal an.

Fotografie war eigentlich das erste Massenmedium. In der Geschichte des letzten Jahrhunderts spielte die deutsche Fotografie eine markante Rolle, einmal nach Ende des Ersten Weltkrieges und dann seit den 50er Jahren bis zur Gegenwart.

Das Ausstellungs-Motto "Von Körpern und anderen Dingen" demonstriert den Wandel des Körperbildes. Vier Generationen von Foto-Künstlerinnen und -Künstlern schildern Körper, Objekte, Architektur und mediale Reflexionen, deren Hintergrund die deutsche Geschichte bildet. Die ganze Bandbreite vom Phänomen des klassischen antiken Körperideals und seinem langsamen Verschwinden über die Zeit bis hin zum physischen Tod ist zu sehen.

Überwiegend handelt es sich um "inszenierte Fotografie", die aber Ansichten und Vorstellungen der Realität in Bildern widerspiegelt. In verdichteter Form können wir so die gesellschaftliche und kulturelle Geschichte Deutschlands des 20. Jahrhunderts erleben.

Der führende tschechische Dokumentarfotograf Jindrich Streit sprach kurz über seine ersten Eindrücke in der Ausstellung:

"Ich denke, es ist eine absolut entdeckungswürdige Ausstellung für das tschechische Publikum, für die an Kultur interessierte Öffentlichkeit, weil sie in ganzer Breite die deutsche Fotografie präsentiert, so wie wir sie nur abschnittweise kannten. Nun können wir sie im Gesamtkontext sehen. Und es erscheinen dort Namen, die ein Vorbild für die tschechische Fotografie darstellten."

Der historische Teil beginnt mit August Sander, Albert Renger-Patzsch, László Moholy-Nagy, Karl Bloßfeldt, Werner Mantz und Raul Hausmann. Heinz Hajek-Halke schafft eine Brücke über die Zeit des Nationalsozialismus, deren demagogische Tendenzen unter anderem die Fotografien Leni Riefenstahls und Max Ehlerts belegen. Weiter finden wir bedeutende Vertreter der "Subjektiven Fotografie", der "Neuen Sachlichkeit" sowie dann bei der zeitgenössischen Fotografie den Einsatz vielfältigster Techniken bis hin zur "neuen Künstlichkeit" der Digitalbearbeitung.

Falls Sie diese einzigartige Zusammenstellung bis Ende September in Prag verpassen sollten, gibt es dann weitere Möglichkeiten, sie im Berliner Deutschen Historischen Museum vom 19. November 2003 bis 16. Februar 2004 zu sehen. Anschließend wandert sie zum 15. März für einen Monat ins Moskauer Museum für Fotografie und gastiert vom 8. Mai bis 24. Juli 2004 im Museum Bochum.

Autor: Brigitte Silna
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