Tschechisches Kompetenzzentrum in Wien eröffnet

Botschafter Rudolf Jindrak (Foto: Autor)

Vergangene Woche wurde in der Wiener Urania, einem traditionsreichen Bildungs-, Veranstaltungs- und Kinogebäude in der österreichischen Hauptstadt, das "Tschechische Kompetenzzentrum" eröffnet. Gerald Schubert war für Radio Prag dabei:

Botschafter Rudolf Jindrak
Sie liegt am Rande der Wiener Innenstadt, direkt am Ufer des Donaukanals, und sieht ein bisschen aus wie ein Schiff: Die Urania. Neben einem Kino und einer Volkshochschule beherbergt sie seit einigen Tagen auch das Tschechische Kompetenzzentrum. Was es damit auf sich hat, erklärt seine Leiterin Vlasta Vales:

"Es handelt sich um ein Programm der Wiener Urania, das die tschechisch-österreichischen Beziehungen fördern soll. Es soll den Österreichern die tschechische Kultur, die tschechische Gesellschaft und auch die tschechische Wissenschaft näher bringen."

Vlasta Vales
Bei der Organisation von Vorträgen, Lesungen und Filmvorführungen will das "Tschechische Kompetenzzentrum" eng mit dem "Tschechischen Zentrum" zusammenarbeiten, das in Wien seit Jahren eine Plattform für Kultur aus dem Nachbarland ist.

Die neue Initiative soll unter anderem die große tschechische Minderheit Wiens repräsentieren - ein Vorhaben, das auch Botschafter Rudolf Jindrak unterstützt:

"Wir sind sehr an einer guten Zusammenarbeit mit tschechischen Minderheitenvereinen in Wien interessiert. Natürlich gilt das auch anderswo in Österreich, aber die tschechische Minderheit ist schon ein typisch wienerisches Phänomen. Hier leben die meisten Landsleute."

Die Auftaktveranstaltung selbst stand ebenfalls im Zeichen dieser Minderheit: Mehrere bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens diskutierten gemeinsam ihre tschechischen Wurzeln. Einer von ihnen: Der ehemalige österreichische Finanzminister Ferdinand Lacina. Alle seine Großeltern waren einst aus Böhmen eingewandert:

Ferdinand Lacina
"Sie haben sich um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert in Wien niedergelassen und waren, wie viele Tschechen, Schneider. Ebenso wie später mein Vater, der bereits in Wien geboren ist. Mit den Großeltern haben wir eigentlich nur tschechisch gesprochen. Im Jahr 1947 bin ich dann auch in den tschechischen Kindergarten gegangen. Das Tschechische beherrsche ich heute aber leider nicht mehr. Denn im Jahre 1948 wurde beschlossen, dass ich eine deutsche Schule besuchen soll - die antikommunistischen Gefühle waren bei meinen Eltern stärker als die nationalen."

In Lacinas Amtszeit fiel übrigens 1989 die demokratische Wende in der Tschechoslowakei:

"Ich war von 1986 bis 1995 Finanzminister. In dieser Zeit habe ich auch den jetzigen tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus als meinen Amtskollegen kennen gelernt. Es war so wie im Rundfunk, wenn Österreich gegen die Tschechoslowakei gespielt hat: Man konnte aufgrund des Namens nie wirklich identifizieren, wer aus Österreich und wer aus der Tschechoslowakei kommt."

Fotos: Gerald Schubert