Tschechische und deutsche Jugendliche gegen Missbrauch der Vergangenheitsthemen im Wahlkampf

Kinder- und Jugendorganisationen aus Tschechien und aus Deutschland haben am Sonntag die Politiker der beiden Länder aufgefordert, die dunklen Kapitel der gemeinsamen Vergangenheit nicht als Wahlkampfthema zu missbrauchen. In einem Aufruf, der vom Deutschen Bundesjugendring und seiner tschechischen Partnerorganisation verfasst wurde, wurde u.a. darauf verwiesen, dass die Regierungen der beiden Länder lieber die Bildungsmöglichkeiten für Jugendliche erhöhen sollten, statt um die Benes-Dekrete zu streiten. Martina Schneibergová fragte den internationalen Sekretär des Deutschen Bundesjugendrings, Joechen Rummenhöller, nach den Beweggründen für die Veröffentlichung des Aufrufs:

"Ja, wir waren etwas erschrocken, wie unversöhnlich beide Regierungen gegenüber stehen und wir haben es als Notwendigkeit gesehen, zu reagieren. Denn wenn Politiker anfangen, Reisen abzusagen oder sich unversöhnlich zu beschimpfen, halten wir das für einen schlechten Weg. Wir sind der Meinung, dass gerade auch im Jugendbereich wir sehr intensiv zusammenarbeiten - mit unseren tschechischen Partnern und wenn man sich die Zahlen anguckt, z.B. der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds hat seit dem Bestehen über 1400 Projekte gefördert, die beiden Koordinierungsbüros zum deutsch-tschechischen Jugendaustausch können sich vor Anträgen nicht retten - zeigt das doch, dass eine Diskussion geführt wird, die fernab der Realität auch läuft."

Sie haben darin u.a. darauf hingewiesen, dass es eher notwendig wäre, die Bildungsmöglichkeiten, den Schüler - bzw. Studentenaustausch zu fördern, nicht wahr?

"Ja, weil wir dadurch auch eine Möglichkeit haben, direkt auch mit der jüngeren Generation, aber auch mit der älteren Generation ins Gespräch zu kommen - über Themen der Vergangenheit - das halten wir für sehr wichtig - Begriffe zu klären, weil wir es immer wieder auch spüren, dass über nur ganz bestimmte Begriffe - z.B. die so genannten "Benes-Dekrete - diskutiert wird, aber ein großer Teil der Jugendlichen in Deutschland damit direkt nicht mehr etwas verbinden kann und gerade durch persönliche Gespräche kann man da auch etwas erreichen oder erklären, wo sind die Befürchtungen z.B. auf der tschechischen Seite, wie kommt es überhaupt , dass eine solche Befürchtung auf der tschechischen Seite vorhanden ist.

Konnten Sie inzwischen schon bestimmte Reaktionen auf diesen Aufruf verzeichnen oder ist es noch allzu früh?

Es ist sicher noch zu früh, aber es gibt auch auf deutscher Seite sehr großes Interesse an der Erklärung, aber auch nochaml an Anfragen, was gerade im Bereich Jugend und jugendorganisationen geleistet werden kann, um wieder ins Gespräch zu kommen oder die deutsch-tschechische Zusammenarbeit positiv zu besetzen.

Am Mikrofon war Jochen Rummenhöller vom Deutschen Bundesjugendring.

Gegen den Missbrauch der bilateralen Beziehungen zur politischen Auseinandersetzung sprach sich am vergangenen Wochenende auch die Evangelische Kirche Tschechiens aus, deren Sprecher im Rundfunk auch die in den Benes-Dekreten enthaltenen Elemente der Kollektivschuld kritisierte. Er rief die tschechische Gesellschaft auf, sich zu eigenem Fehlverhalten gegenüber der deutschen Minderheit nach dem Zweiten Weltkrieg zu bekennen.