Tschechische Tagespresse über die deutsche Wiedervereinigung

Der zehnte Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung sowie die offiziellen Feierlichkeiten in Dresden, an denen auch der tschechische Premier Milos Zeman teilnahm, wurden am Mittwoch in der tschechischen Tagespresse kommentiert. Martina Schneibergova fasst zusammen.

Die größte Aufmerksamkeit wird der Wiedervereinigung Deutschlands in der konservativen Tageszeitung Lidove noviny geschenkt, die gleich auf ihrer Titelseite eine Art Bilanz der vergangenen zehn Jahre zieht: "Die Bewohner der ehemaligen DDR sind immer zufriedener, sie rechnen jedoch damit, dass ihr Lebensstandard mit dem in den alten Bundesländern erst in zwanzig Jahren vollständig gleich sein wird." Kommentator Rudolf Schuster stellt in seinem Bericht aus Dresden einleitend fest, mit dem Abstand von zehn Jahren werde die Wiedervereinigung von immer mehr Menschen gelobt. Zu den andauernden Problemen gehöre jedoch - so der Kommentator - immer noch die unterschiedliche Höhe der Einkommen in den beiden Teilen des einst getrennten Landes. Die Feierlichkeiten in Dresden standen laut Schuster unter dem Motto: "Kohl ist zu den Feierlichkeiten nicht gekommen, trotzdem war er überall". Eine Bilanz der vergangenen zehn Jahre zieht in einer Kolumne der Lidove noviny der Leiter des Sekretariats des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds Tomas Kafka. In seinem Artikel mit dem Titel "Deutschland? Eigentlich ein glücklicher Jubilar" erinnert er u.a. an die - wie er schreibt - vielleicht letzte große Rede von Helmut Kohl, die der Ex-Bundeskanzler eine Woche vor den offiziellen Feierlichkeiten auf einer von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin veranstalteten Versammlung hielt. Kohls Rückblick auf die vergangenen Jahre sei - so der Autor - polemisierend gewesen. Kafka zufolge habe Kohl all denen den Handschuh hingeworfen, die im Namen des Schutzes demokratischer Prinzipien nicht imstande sind, die Grundfragen der Menschenfreiheit und Würde - gemeint ist die deutsche Wiedervereinigung - von den Verwaltungsmängeln und Fehlern - gemeint sind die schwarzen Konten bei der Parteifinanzierung - zu unterscheiden.

Die auflagenstärkste Tageszeitung Mlada fronta Dnes schenkt im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten in Dresden der Tatsache eine besondere Aufmerksamkeit, dass in Dresden über eine möglichst schnelle EU-Erweiterung die Rede war. Der Kommentator erinnert an die Erklärung des Bundeskanzlers, dass die EU auf den Beitritt neuer Mitglieder so vorbereitet wie versprochen sein wird - also im Jahre 2003.

Dieses Versprechen wird auch in der Tageszeitung Hospodarske noviny/Handelszeitung zitiert. Der Kommentator betont, die Einheit Deutschlands sei auch für seine Nachbarn von Nutzen.