Tschechien will erstmals Aufbauteam nach Afghanistan schicken

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Die tschechische Regierung hat sich vergangene Woche dafür ausgesprochen, ein teils ziviles Aufbauteam nach Afghanistan zu schicken. Noch muss im Parlament darüber abgestimmt werden, doch bereits jetzt ruft das Verteidigungsministerium tschechische Firmen zur Beteiligung auf.

Insgesamt 225 tschechische Soldaten sind derzeit im Rahmen der Isaf-Schutztruppen in Afghanistan eingesetzt. In der Hauptstadt Kabul betreibt Tschechien beispielsweise ein mobiles Krankenhaus und stellt eine ABC-Waffen-Schutzeinheit. In der südlichen Provinz Helmand operieren tschechische Militärpolizisten und in der nordöstlichen Provinz Badachschan bewachen tschechische Soldaten die Wiederaufbauteams aus Deutschland und Dänemark.

Die Regierung möchte nun aber, dass Tschechien selbst beim Wiederaufbau tätig wird. Angedacht ist die Entsendung von 176 Soldaten und etwa 30 Zivilkräften in die Provinz Logar. Sie liegt etwa 60 Kilometer südlich von Kabul. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Andrej Cirtek, erläutert:

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"Es handelt sich um die erste Mission dieser Art. Tschechien würde sich um die Entwicklung eines größeren Gebiets kümmern. Wir würden helfen, die Armut in der Gegend zu lindern sowie Bildung, Wirtschaft und Verkehrsinfrastruktur zu fördern."

Im Sog des Aufbautrupps könnten auch tschechische Unternehmen in Afghanistan tätig werden. Agenturmeldungen zufolge ist die Provinz Logar landwirtschaftlich orientiert mit Rinderzucht sowie Obst- und Gemüseanbau. Was jedoch fehle, sei die industrielle Verarbeitung dieser Produkte. Dies könnte neben dem Gesundheits-, Bildungs- und Straßenbausektor ein weiteres Betätigungsfeld für tschechische Firmen darstellen. Laut Aussage des stellvertretenden Außenministers Tomas Pojar winken dabei Aufträge in Höhe von mehreren Millionen Kronen.

Doch die Finanzierung der Mission ist bisher noch nicht in trockenen Tüchern. Die Schätzungen liegen bei einem Bedarf von 650 Millionen Kronen (rund 23,5 Millionen Euro) pro Jahr. Die tschechische Regierung selbst kann nur 80 Millionen (2,58 Millionen Euro) locker machen, die restlichen rund sieben Achtel der Summe müssten aus Brüssel, von den Vereinten Nationen und von weiteren Staaten kommen. Wie hoch der finanzielle Gesamtbedarf letztlich sein wird, hängt auch von den USA ab. Die Amerikaner bauen in der Provinz derzeit eine Militärbasis, die das tschechische Aufbauteam nutzen würde.

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"Ob es eine proportionale Beteiligung an den Unterhaltskosten der Basis geben wird oder ob die Summe am Pro-Kopf-Bedarf für einen Soldaten ausgerichtet sein wird, ist noch nicht klar. Aber die Vereinigten Staaten sind uns in der Vergangenheit schon häufiger entgegengekommen, so dass wir keine Probleme bei der Übereinkunft erwarten und auch keine überhöhten Preise", sagt der stellvertretende Verteidigungsminister Martin Bartak.

Neben den Kosten ist ebenfalls noch unklar, was mit den bisherigen tschechischen Missionen in Afghanistan geschieht. Die Regierung erwägt, die Soldaten aus Badachschan abzuziehen und in das eigene tschechische Aufbauteam zu integrieren. Auch in diesem Fall würde die Zahl der tschechischen Soldaten in Afghanistan um etwa 70 ansteigen. All dies werden die Abgeordneten erwägen müssen, wenn das Parlament im November über die Mission entscheiden soll.