Tschechien und Merkel - alles bleibt gut

Angela Merkel (Foto: CTK)
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Der König ist tot, es lebe - die Königin! Nach dreiwöchigem Tauziehen um die neue deutsche Bundesregierung ist seit Montag nun offiziell, was schon lange abzusehen war: Angela Merkel wird die erste Regierungschefin in der deutschen Geschichte. Thomas Kirschner fasst die Reaktionen aus Tschechien zusammen.

Gerhard Schröder  (Foto: CTK)
Nicht erst die unübliche Stippvisite von Noch-Bundeskanzler Gerhard Schröder in Prag kurz nach den Bundestagswahlen hat es gezeigt: die Drähte zwischen den sozialdemokratischen Regierungen in Prag und Berlin funktionieren gut. Zumal Schröder in seinem tschechischen Amtskollegen einen seiner aufrichtigsten Bewunderer hat: Unübersehbar versucht Paroubek, sich vom dem Machtcharismatiker Schröder einige Kniffe abzuschauen, in der Hoffnung, nach deutschem Rezept das Wahlwunder der Sozialdemokraten im kommenden Jahr in Tschechien wiederholen zu können. Paroubek betonte dementsprechend in einer ersten Reaktion auf den anstehenden Kanzlerwechsel vor allem die gute Zusammenarbeit mit dem Kabinett Schröder:

"Unter der sozialdemokratisch geführten Regierung in Berlin hatten wir die besten tschechisch-deutschen Beziehungen in der Geschichte, und ich gehe davon aus, dass das auch weiter so bleiben wird."

Zur Erinnerung: Empfindlichstes Thema zwischen den beiden Nachbarländern sind immer noch die Sudetendeutschen. Schröder hatte diese bei ihren alljährlichen Pfingsttreffen in Deutschland mit auffälliger Nicht-Beachtung belegt; die tschechische Regierung hat demgegenüber vor Kurzem eine Versöhnungsgeste gegenüber den deutschen Antifaschisten in der damaligen Tschechoslowakei beschlossen. Dass in Zukunft auch die bayrische CSU, traditionelle Schutzmacht der Sudetendeutschen, in der Regierung vertreten sein wird, sieht Präsident Vaclav Klaus gelassen.

"Ich erwarte keine grundsätzlichen Änderungen in der deutschen Außenpolitik und auch keine Änderungen in den bilateralen tschechisch-deutschen Beziehungen."

Angela Merkel  (Foto: CTK)
Die Routine, mit der der anstehende Regierungswechsel in Deutschland hier in Tschechien zur Kenntnis genommen wird, heißt aber nicht, dass der neuen Regierung im Hinblick auf die anstehenden Probleme viel Vertrauen entgegengebracht wird. Die Zeitungen sprechen von einer "großen Koalition auf kleinstem gemeinsamem Nenner" und bezweifeln, dass die unfreiwilligen Koalitionäre von CDU und SPD Kraft und Willen haben werden, eine Vision zu entwickeln und die dringend benötigten Reformen anzugehen. Gerade das aber wäre nicht nur für Deutschland selbst, sondern auch für Europa als positiver Impuls wichtig. Wenig optimistisch ist in dieser Frage auch Petr Robejsek, der Leiter des Internationalen Institutes für Politik und Gesellschaft in Hamburg.

"Ich kann mir sehr gut vorstellen - unter der Voraussetzung, dass es überhaupt zu einem Koalitionsvertrag kommt und Angela Merkel als Kanzlerin regiert - dass wir dann innerhalb von zwei Jahren in Deutschland Neuwahlen haben."