Tschechien hat zwei Premierminister - aber noch keine neue Regierung

Präsident Vaclav Klaus (rechts) ernennt Mirek Topolanek zum Premierminister (Foto: CTK)

Am Mittwoch ernannte der tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus den Chef der Demokratischen Bürgerpartei, Mirek Topolanek, zum Premierminister. Schönheitsfehler für Topolanek: Die Regierung, der er vorsitzt, existiert noch gar nicht, die Amtsgeschäfte werden vorläufig vom alten Kabinett geführt - und zwar unter dem Taktstock von Premierminister Nummer zwei, dem Sozialdemokraten Jiri Paroubek. Gerald Schubert zur seltenen Konstellation am politischen Himmel über Prag.

Präsident Vaclav Klaus  (rechts) ernennt Mirek Topolanek zum Premierminister  (Foto: CTK)
Die Verfassung macht's möglich. Während in Deutschland und Österreich der Bundeskanzler - oder die Bundeskanzlerin - gemeinsam mit der gesamten Regierung vereidigt wird, gibt es in Tschechien vorübergehend tatsächlich zwei Regierungschefs: Einen alten, der ein Kabinett hat, aber kein Mandat aus den letzten Wahlen; und einen neuen, der zwar ein frisches Mandat hat, aber kein Kabinett. Eine Situation, die sich nicht allzu lange hinziehen sollte, meint auch Präsident Klaus:

"Ich weiß, dass die Zusammenstellung einer Regierung noch eine Weile dauern wird. Dennoch glaube ich fest daran, dass diese Regierung im Entstehen begriffen ist, dass ihre grundlegenden Strukturen bereits vorhanden sind, und dass die Bürger dieses Landes ein neues Kabinett erwarten können, in dem sich das Wahlergebnis vom Juni 2006 widerspiegelt."

Topolaneks Antwort auf die leise Mahnung zur Eile fiel eher vorsichtig aus:

"Einen genauen Zeithorizont kann ich Ihnen nicht nennen. Aber bereits in den nächsten Stunden und Tagen werde ich mit den Chefs der demokratischen Parteien intensiv verhandeln. Ich hoffe, dass es dabei bald einen Durchbruch gibt, so dass wir im Laufe der nächsten Wochen eine neue Regierung vorschlagen können."

Noch-Premier Jiri Paroubek
Ohne Unterstützung der Sozialdemokraten wird sich dieser Plan aber kaum umsetzen lassen. Ein Projekt von Bürgerdemokraten, Christdemokraten und Grünen ist bereits daran gescheitert, dass es im Abgeordnetenhaus nicht die nötige Mehrheit hätte. Und mit den Kommunisten wollen die Bürgerdemokraten nicht verhandeln. Der sozialdemokratische Noch-Premier Paroubek kann also zunächst mal alles offen lassen:

"Entweder es gibt eine Einigung, und wir unterstützen Topolaneks Regierung - oder wir unterstützen sie nicht. Es gibt nur diese zwei Möglichkeiten."

Auch wenn Tschechien also einen neuen - und damit insgesamt zwei - Premierminister hat: De facto ist am Mittwoch nicht viel mehr passiert, als dass Mirek Topolanek von Präsident Klaus mit der Regierungsbildung beauftragt wurde.