Tschechien ehrt Ausländer, die im August 1968 Widerstand geleistet haben

Premier Mirek Topolánek (rechts) mit Toni Krahl (Foto: Martina Stejskalová)

Der Donnerstag stand in Tschechien ganz im Zeichen des Gedenkens an die brutale Niederschlagung des Prager Frühlings vor genau vierzig Jahren. Der tschechische Präsident Václav Klaus und Premierminister Mirek Topolánek zeichneten Persönlichkeiten aus, die sich gegen den Truppen-Einmarsch gestellt hatten. Darunter auch einige Deutsche.

Gedenkveranstaltung vor dem Tschechischen Rundfunk  (Foto: Štěpánka Budková)
Am Vormittag gab Premierminister Mirek Topolánek eine gemeinsame Erklärung mit seinem slowakischen Amtskollegen Robert Fico zum Jahr 1968 ab. Zu Mittag fand vor dem Gebäude des Tschechischen Rundfunks ein Festakt zum Gedenken an die im Kampf um den Rundfunk getöteten Bürger statt. Radio Prag hat berichtet.

Am Nachmittag eröffneten Mirek Topolánek und Robert Fico im Nationalmuseum auf dem Prager Wenzelsplatz die Ausstellung „1968 – und es kamen die Panzer“.

Premier Mirek Topolánek zeichnet Franziska Groszer aus  (Foto: Martina Stejskalová)
Am Abend ehrte Staatspräsident Václav Klaus in einem Festakt auf der Prager Burg Persönlichkeiten, die sich gegen den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in der Nacht vom 20. auf den 21. August 1968 verdient gemacht hatten. Darunter einige ehemalige Soldaten der tschechoslowakischen Armee. Klaus betonte dabei die Bedeutung des Prager Frühlings für die weitere Entwicklung in den kommunistischen Ländern:

„Der August 1968 hat in entscheidendem Maß zum nicht aufzuhaltenden Erosionsprozeß beigetragen, der in den Staaten Ost- und Mitteleuropas im Jahr 1989 und später auch in der Sowjetunion selbst zum Zusammenbruch des kommunistischen Systems geführt hat.“

Premier Mirek Topolánek  (rechts) mit Toni Krahl  (Foto: Martina Stejskalová)
Bereits am Nachmittag hatte Premierminister Topolánek im Garten des Regierungssitzes eine Ausstellung über Ausländer eröffnet, die sich aktiv an den Protesten gegen den Truppen-Einmarsch in der Tschechoslowakei beteiligt hatten. Topolánek zeichnete die Dissidenten in Rahmen einer Feierstunde aus, Unter ihnen sind auch drei Deutsche:

Toni Krahl hatte gegen die Beteiligung der DDR an der Niederschlagung des Prager Frühlings protestiert und wurde dafür zu einer Haftstrafe verurteilt, die später zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Bernd Eisenfeld  (Foto: Martina Stejskalová)
Die bekannte Kinderbuchautorin Franziska Großer wurde wegen ihrer Regime-Kritik bereits seit 1966 von der Stasi verfolgt. 1977 musste sie in die BRD ausreisen, nachdem sie gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann protestiert hatte.

Am härtesten musste Bernd Eisenfeld für seine Unterstützung des Widerstands gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings bezahlen. Er wurde zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Den Großteil davon musste er im berüchtigten StaSi-Gefängnis Bautzen Eins absitzen. Eisenfeld hatte der tschechoslowakischen Botschaft in Ostberlin ein Unterstützungs-Telegramm gesandt und in der Nacht vom 20. auf den 21. August 1968 Flugblätter verteilt.

Premier Topolánek bedankte sich bei den Dissidenten für ihren Mut:

Mirek Topolánek mit den ausgezeichneten Dissidenten  (Foto: Martina Stejskalová)
„Sie haben in den totalitären Ländern versucht, sich als freie Bürger zu verhalten.“

Auch gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings protestiert hat die deutsche Journalistin Sibylle Plogstedt. Sie war im August 1968 als junge Studentin in Prag und entschied sich, nach dem Einmarsch der Truppen zu bleiben und die tschechischen Dissidenten zu unterstützen. Unter anderem half sie, mit ihrem Auto illegal hergestellte Flugblätter durch Prag zu transportieren.

Ausstellung 'Für eure und unsere Freiheit'  (Foto: Martina Stejskalová)
Im Radio-Prag-Interview äußert sie sich kritisch zum Umgang der tschechischen Regierung mit den Dissidenten:

„Ich glaube die Diskussion unter den 68ern im Osten ist relativ klar. Die haben ihre Geschichte gut aufgearbeitet. Ich sehe eher einen Mangel in der tschechischen Gesellschaft, in der gegenwärtigen Politik. Zum Beispiel, dass sich die Politik noch nicht bei denen bedankt hat, die damals Widerstand geleistet haben. Auch bei mir hat sich noch niemand bedankt. Das ist sozusagen als ob das nicht gewesen wäre. Während jeder Botschafter, der einen Brief geschmuggelt hatte, einen Plakette oder einen Orden gekriegt hat. Wir, die wirklich etwas geleistet haben, haben nichts gekriegt. Wir haben auch von Berlin aus noch eine illegale Zeitschrift gemacht: ‚Informační materiály‘. Die haben wir auch ins Land gebracht. Da ist wirklich viel passiert was man honorieren müsste.“

Das ganze Interview mit Sibylle Plogstedt hören sie am kommenden Montag in unserer Rubrik „Schauplatz“.