Tschechen erinnerten an das Kriegsende 1945: Gedenken in Prag, Feiern in Pilsen

Freiheitsfest in Pilsen (Foto: ČTK)

In der ersten Maiwoche wird jedes Jahr in Tschechien an das Ende des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1945 erinnert. Zwei Gedenktage ragen dabei heraus: der 8. Mai, ein Staatsfeiertag, der als Tag der Befreiung begangen wird, und der 5. Mai. Der 5. Mai wird aus zwei Gründen gefeiert: Zum einen wurde an jenem Tag vor 68 Jahren der westböhmische Teil des Landes einschließlich seiner größten Stadt Plzeň / Pilsen durch die US-Armee befreit, zum anderen erhoben sich in Prag und anderen Städten die Tschechen zum spontanen Aufstand gegen die deutschen Besatzer.

Maiaufstand in Prag  (Foto: ČT24)
Der spontane Aufstand der Tschechen gegen die deutschen Besatzer begann eigentlich schon am 1. Mai im böhmischen Nymburk, im mährischen Přerov und den umliegenden Gemeinden. Auch in anderen Landesteilen erhoben sich nach und nach die Menschen. Das allerdings waren eher kleinere Scharmützel, die – auch wegen der noch vorherrschenden Nazi-Propaganda – zunächst wenig bekannt wurden. Ein landesweites Signal kam dann am 5. Mai vom Rundfunk aus Prag.

Vratislav Doubek  | Foto: Archiv der Palacký-Universität
An jenem Tag strahlte der Tschechoslowakische Rundfunk seine Sendungen trotz deutschen Verbots erstmals wieder in Tschechisch aus, und gegen Mittag wurde die Bevölkerung – wie eben gehört – dazu aufgerufen, dem Rundfunk und seinen Widerstand leistenden Redakteuren zu helfen. Der Kampf um den Rundfunk wurde zum Fanal des Aufbegehrens gegen die Deutschen. Der Historiker und Politologe Vratislav Doubek:

„Die anfänglichen Aktionen hatten keinen militärischen Charakter. Der Widerstand äußerte sich zunächst im Zerstören von Symbolen des NS-Regimes oder dem Hissen der tschechoslowakischen Fahne. Der Kampf um das Prager Rundfunkgebäude aber mündete in eine bewaffnete Auseinandersetzung. In diesem Moment wurde der Rundfunk neben den Rathäusern der Prager Innenstadt zu einem Zentrum des Widerstands, und zwar zu einem strategisch wichtigen Zentrum.“

Miloš Zeman  (Foto: Kristýna Maková)
Nicht von ungefähr wird deshalb die zentrale Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an den Maiaufstand im Jahr 1945 alljährlich vor dem Gebäude des Tschechischen Rundfunks in Prag abgehalten. Während des diesjährigen Festakts erklärte Staatspräsident Miloš Zeman unter anderem, der Grund für den Prager Aufstand sei die Erniedrigung des tschechischen Volkes gewesen. Die Menschen hätten damals, so Zeman, ihre Würde verloren, da sie sich nicht frei äußern und nicht frei wählen konnten. Eine nahezu identische Situation habe dann auch während des Kommunismus geherrscht, so der Staatspräsident.

Am Maiaufstand 1945 nahmen über 100.000 Menschen in rund 300 Städten und Gemeinden teil. Unter ihnen waren auch sehr junge Burschen, die noch nicht einmal 15 Jahre alt waren, bestätigt der heute 90-jährige Jiří Navrátil:

„Dort kämpfte auch ein Junge aus meinem Pfadfindertrupp. Er war der Jüngste unter den mit einer Auszeichnung dekorierten Teilnehmern des Kampfes um den Rundfunk.“

Während am 5. Mai 1945 in Prag und anderswo in der damaligen Tschechoslowakei noch gekämpft wurde, gab es in Pilsen schon Grund zum Jubel. Die US-Amerikaner hatten die Stadt befreit. Aus diesem Anlass wird seit der politischen Wende im Jahr 1989 jedes Jahr um diesen Tag herum das so genannte Freiheitsfest gefeiert. Zum diesjährigen Fest waren auch wieder amerikanische Kriegsveteranen angereist. Der heute 87-jährige James Duncan erinnert sich noch genau an die damalige Szenerie:

Freiheitsfest in Pilsen  (Foto: ČTK)
„Ich erinnere mich am meisten an die Überquerung der Grenze zum damaligen Sudetenland. Als wir in die Stadt Domažlice einrollten, begrüßten uns die Tschechen entlang des gesamten Weges mit Essen und Trinken einschließlich Bier. Sie hatten Tränen in den Augen - Tränen der Hoffnung und der Freude, dass sie von den Nazis befreit wurden.“

Das diesjährige Freiheitsfest ging am Montag mit einer Gedenkveranstaltung am Pilsener Denkmal „Danke, Amerika!“ zu Ende.