Trauer über Tod von Simon Wiesenthal

Simon Wiesenthal (Foto: CTK)
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Simon Wiesenthal, der Kämpfer gegen das Vergessen, ist am Dienstag in Wien gestorben. Das Vermächtnis des mutigen Mannes, der zur lebenden Legende geworden ist, wird auch in Tschechien hervorgehoben. Martina Schneibergova fasst zusammen.

Simon Wiesenthal  (Foto: CTK)
"In seiner Person verliert die Welt einen eifrigen Kämpfer gegen den Nationalsozialismus, Antisemitismus und Rassismus, der sich sein ganzes Leben lang um die Bestrafung der Nazi-Kriegsverbrecher bemühte, " hieß es in einer Erklärung des tschechischen Außenministeriums. Darin wurde des Weiteren an Wiesenthals Worte erinnert, er habe Recht, nicht Rache gesucht. "Recht, nicht Rache" heißt auch eines von Wiesenthals Büchern.

Dieses Motto wurde auch vom tschechischen Ex-Präsident Vaclav Havel unterstrichen, der Simon Wiesenthal 1999 mit dem Orden des Weißen Löwen ausgezeichnet hatte. Havel sagte gegenüber der Nachrichtenagentur CTK, Wiesenthal habe uns gelehrt, nicht zu vergessen. Während der persönlichen Begegnungen mit ihm habe ihn der Ex-Präsident als eine sehr starke und charismatische Persönlichkeit kennen gelernt.

Im ähnlichen Sinne äußerte sich der tschechische Schriftsteller Arnost Lustig:

"Simon Wiesenthal war ein wunderbarer Mensch, für den die Gerechtigkeit alles bedeutete. Gerechtigkeit fordert jedoch die Enthüllung und Bestrafung der Täter. Wiesenthal begriff natürlich, dass es nicht möglich ist, alle zu bestrafen. Ihm ging es jedoch darum, dass der Gedanke der Gerechtigkeit nicht in Vergessenheit gerät."

Der Vorsitzende des Tschechischen Rates für die Nazi-Opfer, Oldrich Stransky, würdigte Wiesenthals Mut und Unermüdlichkeit:

"Er hat wirklich eine große Zahl von Nazi-Verbrechern ausfindig gemacht und Unterlagen besorgt, damit sie vor Gericht gestellt werden konnten. Ich weiß jedoch, dass viele von ihnen aus den verschiedensten Gründen nicht verurteilt wurden. Diese Tatsache ändert jedoch nichts an den Verdiensten, die er erworben hat, was die Bestrafung von Kriegsverbrechern betrifft."

In allen tschechischen Tageszeitungen wurde am Mittwoch über die Verdienste Simon Wiesenthals um die Enthüllung von 1100 Nazi-Kriegsverbrechern berichtet. Dabei wurde auch an die Tatsache erinnert, dass Simon Wiesenthal unter anderem in Prag Architektur studierte und tschechisch sprach.

Leo Pavlat
"Simon Wiesenthal hat bewiesen, dass ein einziger, mit Opferbereitschaft und Glauben ausgerüsteter Mensch die Welt ändern kann", heißt der Untertitel eines in der Tageszeitung "Lidove noviny" veröffentlichten Artikels von dem Leiter des Prager Jüdischen Museums, Leo Pavlat. Er betont darin einleitend, dass der Begriff "Nazijäger", wie Wiesenthal oft bezeichnet wurde, eine etwas irreführende Metapher ist. Eher als das Wort "Jäger" habe, so Pavlat, zu Wiesenthals Leben und Werk das Wort "Bewusststein" gehört. Pavlat weist in seinem Artikel darauf hin, dass Wiesenthal bei seinen Fahndungen unerbittlich war. Er interessierte sich für das Schicksal des in die Sowjetunion entführten schwedischen Diplomaten Raoul Wallenberg, der viele ungarische Juden gerettet hatte. Aufgrund seines Engagements im Fall Wallenberg entfesselten die kommunistischen Staaten eine Verleumdungskampagne gegen Wiesenthal, die Pavlat zufolge mit Nazi-Methoden vergleichbar war.

Das vor 28 Jahren in den USA eingerichtete Dokumentationszentrum, das den Namen von Simon Wiesenthal trägt, konzentriert sich heute vor allem darauf, die verschiedenen Formen des Antisemitismus in der Welt aufzudecken. Damit erhielt Simon Wiesenthals Verfolgung von Naziverbrechern eine aktuelle Dimension.