Töchter der fünfziger Jahre: Filmzeugnis über Verfolgung von Familien politischer Gefangener

Rund 450.000 politische Gefangene gab es während der kommunistischen Ära in der Tschechoslowakei. Ihre Familien waren dem ständigen Druck durch das totalitäre Regime ausgeliefert. Die Kinder politischer Gefangener wurden in den Schulen schikaniert und sie durften nicht studieren. Im Parlament in Prag wurde am Mittwoch ein neues audiovisuelles Projekt vorgestellt, das das Schicksal der Töchter der politischen Gefangenen dokumentiert.

Jana Švehlová  (links) mit Věra Pytlíčková  (Foto: Autorin)
Am Anfang stand die Idee von Jana Švehlová, die selbst in der Familie eines politischen Gefangenen aufgewachsen ist. Sie lebt seit den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in den USA. 1999 schrieb sie eine Doktorarbeit über zwölf Töchter der politischen Gefangenen aus der Zeit des Stalinismus in der ehemaligen Tschechoslowakei. Aus diesem Anlass entstand eine Gruppe der „Töchter politischer Gefangener“. Einige der Töchter haben ihren Vater, nachdem er im kommunistischen Gefängnis oder Arbeitslager verschwunden war, nie wieder gesehen. Vor kurzem wurde dann ein audiovisuelles Dokumentarprojekt über diese Frauen gestartet, das in erster Linie als Unterrichtsmaterial für die Schulen dienen soll. Die Aussagen von 37 Töchtern politischer Gefangener wurden von Studenten der Prager Filmakademie gefilmt.

Eine der Töchter der fünfziger Jahre, die sich am Dokumentarprojekt beteiligen, ist Věra Pytlíčková. Seit dem Jahr 2000 trifft sie sich regelmäßig mit anderen Töchtern politischer Gefangener. Věra Pytlíčková war 11 Jahre alt, als ihr Vater ins Gefängnis geschickt wurde:

„Mein Vater wurde im August 1953 eingesperrt. Weil er ehemaliger Leiter der Pfadfinderbewegung in Vyškov war, wurde er damals wegen Hochverrats zu zehn Jahren Freiheitsentzug sowie dem Verlust sämtlichen Eigentums und aller Bürgerrechte verurteilt.“

Ihren Vater konnte sie einmal im Jahr im Gefängnis besuchen, diese Besuche dauerten jedoch knapp 20 Minuten lang. Frau Pytlíčková erinnert sich, wie sie in der Schule von den kommunistischen Lehrern als ein Kind des Feindes des Staates präsentiert wurde. Andererseits sagt sie, dass ihre Familie damals sehr zusammenhielt und auf die Rückkehr des Vaters mit Ungeduld wartete. Als er freigelassen wurde, war sie schon erwachsen. Věra Pytlíčková hält Vorträge an Schulen über ihre Erfahrungen mit dem kommunistischen Regime. Die Schüler seien, so Pytlíčková, sehr aufmerksame Hörer:

Zuzana Dražilová  (Foto: Autorin)
„Wenn sie dann Hausaufgaben zu dem Thema machen, schreiben sie meist, dass sie bereits wissen, warum sie die Kommunisten nie wählen werden.“

Es wird geplant, dass aus dem Filmmaterial auch eine Fernsehreihe sowie ein abendfüllender Dokumentarfilm entstehen. Dieser Film wäre Produzentin Zuzana Dražilová zufolge nicht nur für die tschechische Öffentlichkeit von Bedeutung:

„Hoffentlich wird er auch im Ausland gezeigt. Ich meine, dass ein solcher Film die Prinzipien versteckter Verfolgung durch ein totalitäres Regime gut zeigen kann. Heutzutage betrifft dies natürlich Weißrussland, Kuba, Birma oder China, wo totalitäre Regime herrschen. Der Film könnte eine Mahnung sein.“