"Theatervorstellung" auf Regierungsebene: "Alles beim Alten"

Von links: Jiri Paroubek, Bohuslav Sobotka und Michal Hasek (Foto: CTK)

Eine wohl auch im internationalen Vergleich ungewöhnliche Polit-Sitcom hatte am Mittwoch das Tschechische Fernsehen live im Programm. Dabei war die Direktübertragung, wohl gemerkt, keine Initiative des Fernsehens. Es waren die Sozialdemokraten, die ihren politischen Gegnern aus der neu ernannten Regierungskoalition vor den Augen der ganzen Nation "Nein" sagen wollten. Und zwar "Nein" zu dem Aufruf, bei der Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus für die neue Regierung zu votieren. Eine kleine Kostprobe der ungewöhnlichen Fernsehübertragung gibt Ihnen Jitka Mladkova im folgenden Beitrag:

Von links: Jiri Paroubek,  Bohuslav Sobotka und Michal Hasek  (Foto: CTK)
Spätestens innerhalb von 30 Tagen muss das am Dienstag von Staatspräsident Vaclav Klaus ernannte Kabinett der Bürgerdemokraten (ODS), Christdemokraten (KDU-CSL) und der Grünen die Vertrauensfrage im Abgeordnetenhaus stellen. Dort aber fehlt ihr die Stimmenmehrheit. Dass auch das Treffen der Spitzenvertreter beider politischen Lager daran nichts ändern würde, war eigentlich schon von vornherein klar.

Unmittelbar vor der Aufnahme der Gespräche verkündete der sozialdemokratische Fraktionschef Michal Hasek: Eine Änderung der Position der CSSD halte er im Prinzip für ausgeschlossen. Nun, warum wollte man sich eigentlich treffen? CSSD-Parteichef Paroubek sagte es klipp und klar:

"Wichtig ist, dass es mir lieb wäre, wenn die Fernsehkameras dabei sind."

Vor diesen spielten sich dann Dialoge ab, die hinter verschlossenen Türen wohl anders verlaufen wären. Diesmal wollte man jedoch Haltung bewahren, das Siezen inklusive. Als zum Beispiel Bohuslav Sobotka, der CSSD-Vizechef und ehemaliger Finanzminister in der Regierung Paroubek, sagte, er sehe überhaupt keinen Spielraum für einen Kompromiss bei den Finanzfragen, erwiderte Premier Topolanek, dass diese seiner Meinung nach längst ausdiskutiert sind:

Premier Mirek Topolanek  (Foto: CTK)
"Lieber Slavek Sobotka, ich pfeife auf die anwesenden Kameras. Das, was du da gerade gezeigt hast, war eine Kostprobe des Pharisäertums eurer Partei."

In der nach wie vor festgefahrenen Situation fragte der Premier, ob es überhaupt etwas gebe, das die Toleranz und Bestätigung seiner Regierung ermöglichen könnte. Er bekam keine Antwort. Nach etwa einer Stunde Fernsehdebatte blieb alles beim Alten. Für die Regierung Topolanek gibt es jetzt nur noch einen Hoffnungsschimmer: Dass es bei der Parlamentsabstimmung einen "prebehlik", auf Deutsch Überläufer, geben wird. Gleich am Mittwochabend haben die drei Koalitionsparteien via E-Mail die sozialdemokratischen Fraktionsmitglieder um eine Tolerierung gebeten.

"Durch die Tolerierung der Dreierkoalition würden die Sozialdemokraten eine bedeutende oppositionelle Kontrollposition im Abgeordnetenhaus erlangen", verspricht ODS-Fraktionschef Petr Tluchor. Ob dies für einen erwünschten "prebehlik" attraktiv ist, wagt wohl in Tschechien kaum jemand zu sagen!