Symbol der Hoffnung in hoffnungslosen Zeiten: Alexander Dubcek wäre 85 Jahre alt geworden

Alexander Dubcek

Einer der bekanntesten Slowaken der Neuzeit und ein Symbol des Prager Frühlings 1968, der die Herbeiführung des Sozialismus mit "menschlichem Antlitz" als sein Ziel deklarierte. So ist er in die Geschichte der ehemaligen Tschechoslowakei eingegangen - Alexander Dubcek. Im Wendejahr 1989 feierte er landesweit sein "Comeback". Am 27. November 2006 wäre er 85 Jahre alt geworden. Sie hören jetzt einen Nachruf von Jitka Mladkova:

Alexander Dubcek
Nach genau 20 Jahren erzwungener Absenz in der Politik tauchte Alexander Dubcek am 24. November 1989 wieder in der Öffentlichkeit auf. Die so genannte Samtene Revolution hatte gerade begonnen und mehrere hunderttausend Menschen auf dem Prager Wenzelsplatz riefen dem Ex-Politiker zu: "Es lebe Dubcek!" Es gab viele, die sich den Hauptprotagonisten des Prager Frühlings auch als Staatspräsidenten auf der Prager Burg gut vorstellen konnten. Für sie war er nach wie vor ein Inbegriff für die von vor 20 Jahren geplanten Reformen des Kommunismus und Dubcek selbst war bereit, sein Image als Reformator in einem neuen Kapitel seines politischen Lebens auszunutzen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er allerdings schon viele Gegner, die in Dubceks Reformbemühungen von 1968 kein passendes Vorbild für die Gegenwart sahen. Für die Andersdenkenden war er kein Politiker, der ihre Vorstellungen über eine radikale politische und ökonomische Umwandlung des Landes umsetzen konnte. Alexander Dubcek wurde im Dezember 1989 zum Parlamentsvorsitzenden gewählt. In diesem Amt blieb er bis zu den Wahlen im Juni 1992. Bei einem schweren Autoumfall im Herbst desselben Jahres erlitt Dubcek ernste Verletzungen, denen er am 7. November erlag. Damals galt auch das Ende des tschechoslowakischen Staates, für dessen Existenz sich Alexander Dubcek sowohl während des 2. Weltkrieges als Widerstandskämpfer wie auch als Politiker bis ans Ende seines Lebens vehement einsetzte, als beschlossene Sache. Viele seiner Zeitgenossen sowie viele Historiker sind sich darin einig, dass er weder ein Denker war, der Konzepte parat hatte, noch ein erfolgreicher Politiker. Geschichtsprofessor Vladimir Nalevka von der Prager Karlsuniversität sagte gegenüber Radio Prag:

"Dubcek war kein entschlossener energischer Politiker. Im Laufe des Prager Frühlings war er mehr von den Ereignissen überrollt worden, als dass er wie ein Steuermann vorgegangen wäre, der die Richtung vorgibt."

Fest steht aber, dass Alexander Dubcek wiederholt als Symbol der Hoffnung in hoffnungslosen Zeiten wahrgenommen wurde. Seine Schwächen, die er nicht immer zu vertuschen vermochte, waren für viele kein Grund, ihn nicht zu lieben. Die ehemalige Parlamentsberichterstatterin des Tschechoslowakischen Rundfunks, Margita Kollarova, erinnerte sich später an ein Interview, das sie im August 1968 mit Alexander Dubcek auf der Prager Burg machte. Sie führte das Gespräch wenige Tage nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch die Warschauer Paktstaaten. Dubcek war gerade aus Moskau zurückgekehrt, wohin er mit anderen Spitzenpolitikern des Landes entführt wurde:

"Als er darüber erzählte, wie man mit ihm in Moskau umgegangen war, brach er plötzlich ab und konnte nicht weiter sprechen. Ich wusste nicht, ob ich die Schweigepause in der Sendung entschuldigen sollte. Das wäre aber nicht sehr diplomatisch gewesen. Dann bat ich mit einem Handzeichen um ein Glas Wasser. Als man mir das Glas gebracht hatte, warf ich es auf den Boden. Durch das Geräusch ist Dubcek zu sich gekommen und fing nach dem längeren Schweigen wieder an zu sprechen. Es flossen ihm Tränen aus den Augen. Zum zweiten Mal in meinem Leben habe ich einen Mann weinen gesehen."