Sudetendeutscher Tag – künftig auch in Tschechien?

Sudetendeutscher Tag (Foto: Martina Schneibergová)

Am Pfingstwochenende fand in Augsburg der 69. Sudetendeutsche Tag statt. Die geschäftsführende Regierung in Prag hatte zwar niemanden entsandt, dennoch waren auch viele tschechische Teilnehmer gekommen.

Sudetendeutscher Tag  (Foto: Martina Schneibergová)
Am Wochenende fand in Augsburg das traditionelle Pfingsttreffen der Sudetendeutschen statt. Am Sonntag erreichte der sogenannte Sudetendeutsche Tag mit der Hauptkundgebung den Höhepunkt.

Auf dem Messegelände in Augsburg wimmelte es schon am Sonntagmorgen von Menschen. In der Schwabenhalle wurden nach dem Gottesdienst die Trachtengruppen begrüßt. Unter den Teilnehmern des Umzugs war auch Tschechisch zu hören. Besonders erwartet wurde die Rede des neuen bayerischen Ministerpräsidenten, Markus Söder. Der CSU-Politiker würdigte die Verdienste seines Amtsvorgängers um die Annäherung zwischen Prag und München:

„Ich möchte Schritte anerkennen, die Horst Seehofer unternommen hat. Er hat die Tür geöffnet, um eine neue Qualität der Beziehungen, des Miteinanderredens und des Akzeptierens zu erreichen. Dies ist ganz wichtig.“

Bernd Posselt  (Foto: Martina Schneibergová)
Laut Söder könnten die Beziehungen zwischen Bayern beziehungsweise Deutschland und Tschechien aber noch besser sein.

Auch der Sprecher der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Bernd Posselt, lobte den Weg der Versöhnung, den Deutsche und Tschechen in den letzten Jahren gegangen sind. Er appellierte an alle, diesen Weg nicht zu verlassen und würdigte die Teilnahme einiger tschechischer Politiker an dem Pfingsttreffen. In seiner Rede verurteilte er scharf nationalistische und populistische Tendenzen:

„Die kollektive Form des Egoismus ist Nationalismus. Und Nationalismus ist eine der größten Blödheiten, die die Menschheit hervorgebracht hat.“

Gegenüber Radio Prag sprach sich Bernd Posselt zur Bedeutung der Identität der Menschen aus.

Sudetendeutscher Tag  (Foto: Martina Schneibergová)
„Das Entscheidende ist, dass wir als Sudetendeutsche oder als deutschsprachige Bevölkerung der Böhmischen Länder mit der tschechisch-sprachigen Bevölkerung eine gemeinsame Identität gehabt haben: Wir singen dieselben Lieder, haben dasselbe Essen, denselben Humor. Jemand aus Hamburg spricht zwar auch deutsch, aber hat mit mir nichts zu tun. Das ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts, als man getan hat, als wäre die Sprache das Hauptkriterium. Diese sture Nationalstaatlichkeit, diese ethnische Homogenität, diese Zeiten sind vorbei. Das hat aber noch nicht jeder gemerkt.“

Die tschechische Teilnahme am Pfingsttreffen war nicht zu übersehen. Beim Besuch der Messehallen mit den Ständen einzelner Institutionen, Städte und Regionen fiel auf, dass dort auch viele tschechische Vereine vertreten waren. Bernd Posselt dazu:

Markus Söder  (Foto: ČTK / Martin Weiser)
„Es kommen jedes Jahr mehr Tschechen. Dies ist auch einer der Gründe, warum wir nächstes Jahr das Treffen in Regensburg veranstalten, damit sie es näher haben. Ich lade alle herzlich dazu ein. Ich habe gesagt, in den Jahren 2020 bis 2024 könnte ich mir vorstellen, dass wir den Sudetendeutschen Tag in Tschechien abhalten. Es gibt Städte, die darüber diskutieren. Ich will noch nichts Konkretes verraten, aber ich bin realistisch und wünsche es mir.“

Die Reden von Bernd Posselt und von Markus Söder würdigte auch der ehemalige Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Libor Rouček (Sozialdemokraten) und heutige Ko-Vorsitzender des Deutsch-Tschechischen Gesprächsforums:

„Die Reden vom Träger des Karlspreises, Kardinal Schönborn, und von Bernd Posselt sowie vom bayerischen Ministerpräsident Markus Söder haben Gedanken enthalten, auf denen der Frieden aufgebaut wurde: die Gedanken der Menschenrechte, des Rechtsstaats, der Demokratie. Jeder Mensch, jede Gemeinschaft hat ihre Identität, auch die Sudetendeutschen. Dies hindert uns nicht daran, uns an unsere gemeinsame Geschichte zu erinnern. Wir leben in der Zeit der Globalisierung und einer Unifizierung. Auch aus dem Grund ist es wichtig, dass wir zusammenarbeiten, falls wir unsere Identität bewahren wollen.“