Streit um Stadtwald von Cheb in Bayern gelöst – gemeinsame Stiftung

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Mehrere Jahrzehnte lang haben die westböhmische Stadt Cheb / Eger und Vertriebenenverbände um ein Waldstück in der Oberpfalz gestritten. Nun ist der Streit beigelegt. Die tschechische und die deutsche Seite einigten sich darauf, eine gemeinsame Stiftung zu gründen.

Stadtwald von Cheb in Bayern  (Foto: ČT 24)
Hohe Fichten, ein Gasthaus und ein Forsthaus – darum wurde erbittert gestritten. Das 650 Hektar große Waldstück haben die früheren Bürger von Eger nach und nach über Jahrhunderte erworben, seit 1862 liegt es auf bayerischem Boden. Nach dem Zweiten Weltkrieg beanspruchten die vertriebenen deutschen Bewohner von Eger den Wald. Sie sahen sich als Rechtsnachfolger, denn der Wald ist auf die Stadt Eger - also den deutschen Namen von Cheb - im Kataster eingetragen. Der Zwist ging durch alle bayerischen Gerichtsinstitutionen. Das Münchner Oberlandesgericht entschied letztlich, nicht die Vertriebenen, sondern die tschechische Stadt Cheb sei der Rechtsnachfolger von Eger. Trotzdem hatte das Rathaus in Cheb keinen Zugriff auf seinen Besitz, denn in den 1950er Jahren war der Wald unter die Zwangsverwaltung der Bundesrepublik gekommen.

Pavel Vanoušek  (Foto: ČT 24)
Erst politische Verhandlungen haben nun die Lösung gebracht: Am Montag dieser Woche wurde die tschechisch-deutsche Stiftung „Egerer Stadtwald“ gegründet. Auf tschechischer Seite hat Pavel Vanoušek, Bürgermeister von Cheb, den gemeinsamen Vertrag unterschrieben:

„Die Stiftung ist das Ergebnis von Verhandlungen, die praktisch 20 Jahre lang zwischen der tschechischen und der deutschen Seite geführt wurden. Unser Ziel war gewesen, dass die Zwangsverwaltung aufgehoben wird. Letztlich hat sich gezeigt, dass die Lösung in der Gründung einer gemeinsamen Stiftung liegen könnte. Die Stiftung wurde gemeinsam von der Stadt Cheb und dem Kreis Tirschenreuth gegründet.“

Stadtwald von Cheb in Bayern  (Foto: ČT 24)
Zu Zeiten des Eisernen Vorhangs wollte die Stadt Cheb ihr Waldstück auf der Gemarkung Neualbenreuth allerdings lieber verkaufen. Das aber verhinderten gerade die Vertriebenen. Nach der politischen Wende wandelte sich auch die Meinung im Rathaus von Cheb.

„Den Gedanken an einen Verkauf gab es bis Mitte der 1990er Jahre. Damals war dies eine weitere Lösungsmöglichkeit neben der Gründung einer Stiftung. Wir haben in den vergangenen Jahren viele Angebote zum Verkauf des Waldes erhalten, doch das wollten wir nicht. Cheb hat in seinem Kataster weitere 2100 Hektar Wald“, sagt der sozialdemokratische Bürgermeister.

Foto: Barbora Němcová,  Radio Prague International
Eine Stiftung zu gründen, war ursprünglich eine Idee der Vertriebenenverbände gewesen. Pavel Vanoušek erläutert, wie diese Stiftung nun funktionieren soll:

„Das Stiftungskapital wird vor allem aus den Erträgen gebildet, die aus der Zeit der Zwangsverwaltung stammen. Das sind rund 900.000 Euro. Aus den jährlichen Kapitalerträgen dieser Summe - das sind 24.000 bis 40.000 Euro im Jahr - werden wiederum gemeinsame Projekte finanziert. Das sind natürlich keine großen Infrastrukturprojekte, aber zum Beispiel solche, die den grenzüberschreitenden Austausch fördern oder das Kulturerbe wie Kapellen oder Ähnliches schützen. Und natürlich werden wir kulturelle Veranstaltungen auf beiden Seiten der Grenze fördern, die zu guten Beziehungen zwischen den tschechischen und deutschen Bewohnern in der Region führen sollen.“

Franz Pany  (Foto: Archiv ČRo 7)
Geleitet wird die Stiftung von einem gemeinsamen Rat: Dort sitzen vier Tschechen und vier Deutsche. Auf deutscher Seite nimmt unter anderen auch Franz Pany Platz, der Bundesvorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft, auf tschechischer der Botschafter in Berlin, Rudolf Jindrák.

Für die Stadt Cheb bedeutet dieser Kompromiss, dass sie nach dem Zweiten Weltkrieg erstmals wieder frei über ihr Waldstück in Bayern verfügen kann.