Staatsanwaltschaft beantragt Aufhebung der Immunität von Ex-Premier Nečas

Petr Nečas (Foto: ČTK)

Premier Petr Nečas stolperte über ein Razzia: Aufgrund polizeilicher Ermittlungen gegen seine Bürochefin und gegen ehemalige Abgeordnete seiner Partei nahm Nečas Mitte Juni seinen Hut. Es ging um Bespitzelung und Bestechung. Nečas legte auch den Vorsitz der demokratischen Bürgerpartei (ODS) nieder und kündigte an, künftig nur noch einfacher Abgeordneter zu sein. Nun hat die Staatsanwaltschaft Olomouc / Olmütz beim Abgeordnetenhaus beantragt, die Immunität von Nečas aufzuheben.

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
Abgeordnete genießen Immunität vor Strafverfolgung. Das ist in Deutschland so und nicht anders ist es auch in der Tschechischen Republik. Im Falle einer strafrechtlichen Ermittlung stellen die Ermittlungsbehörden in Tschechien beim Mandats- und Immunitätsausschuss des Parlaments einen Antrag auf Auslieferung. Der Ausschuss empfiehlt dann dem Plenum, den betroffenen Abgeordneten auszuliefern – oder halt auch nicht. Am Montag ging ein solcher Antrag beim Ausschuss ein und er betraf Petr Nečas, den erst jüngst zurückgetretenen Premierminister der Tschechischen Republik. Es geht dabei um Bestechung, so der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses, der ODS-Parlamentarier František Dědič:

František Dědič  (Foto: Archiv ODS)
„Ich kann bestätigen, dass es um Begünstigung von drei ehemaligen ODS-Abgeordneten und um ihre Arbeit in staatlichen oder halbstaatlichen Firmen geht.“

Bei den drei Abgeordneten handelt es sich um Petr Tluchoř, Ivan Fuksa und Marek Šnajdr. Diese so genannten Rebellen in den Reihen der Bürgerdemokraten wollten im vergangenen Jahr nicht für eine Mehrwertsteuererhöhung stimmen. Kurz vor der Abstimmung aber legten sie ihre Mandate nieder, ihre Nachfolger stimmten für die Erhöhung. Die drei Rebellen erhielten danach hohe Posten in staatlichen oder halbstaatlichen Betrieben. Das wertet die Staatsanwaltschaft nun als Korruption, während Nečas das Untzerfangen als völlig normalen politischen Deal bezeichnet. Auch der bisherige Koalitionspartner der ODS, die Partei Top 09, sieht keine Schuld bei Nečas. Vizeparteichef Miroslav Kalousek bekräftigte dies nach dem Antrag um Auslieferung am Montag nochmals:

Miroslav Kalousek  (Foto: ČTK)
„Falls der Grund derselbe ist, wegen dem ich bereits als Zeuge aussagen musste, dann bin ich davon überzeugt, dass es genau der Fall ist, in dem das Abgeordnetenhaus den staatlichen Strafverfolgungsbehörden eine Auslieferung verweigern muss.“

Kalousek wurde bereits von der Staatsanwaltschaft vernommen. Für ihn und die Vertreter der bisherigen Regierungskoalition steht fest: Es handelt sich um eine politisch begründete Anklage, und genau davor schütze die Immunität die Abgeordneten. Die Opposition ist selbstverständlich anderer Meinung. Jeroným Tejc ist Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten:

Jeroným Tejc  (Foto: Šárka Ševčíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Die Sache hat ihre Logik. Falls die ehemaligen Abgeordneten wegen Bestechung beschuldigt werden, muss auch derjenige beschuldigt werden, der die Bestechung angeboten oder organisiert hat. Falls belegt ist, dass dies Premier Nečas gewesen ist, dann ist es zweifellos logisch, dass die Organe seine Auslieferung fordern. Ob das Ganze nun eine Straftat ist oder nicht, darüber entscheidet am Ende das Gericht.“

Über eine Auslieferung entscheidet aber das Abgeordnetenhaus. Und hier kann es durchaus sein, dass ODS, Top 09 und die Splitterpartei Lidem gegen die Aufhebung der Immunität stimmen. Eine Strafverfolgung von Nečas könnte dann erst nach der Legislaturperiode erfolgen – ironischerweise deshalb, weil das jetzige Abgeordnetenhaus die lebenslange Immunität der Abgeordneten abgeschafft hat.