Sperrfristen für den Arbeitsmarkt auch in Tschechien?

Foto: Europäische Kommission

Die Tschechische Republik will nach ihrem Beitritt zur Europäischen Union entscheiden, ob sie den Zugang zum tschechischen Arbeitsmarkt für Arbeitskräfte aus EU-Staaten weiterhin begrenzen oder öffnen wird. Noch benötigen ausländische Arbeitskräfte in Tschechien neben einer Aufenthaltsgenehmigung auch eine Arbeitserlaubnis. Die Pläne der tschechischen Regierung zu diesem Thema fasst Daniel Satra zusammen.

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Eu-Bürger, die heute in Tschechien arbeiten wollen, dürfen weder Papierkrieg scheuen noch unter Zeitdruck stehen. Die Liste der bürokratischen Bedürfnisse in Tschechien ist lang, und langwierig ist der Prozess ihrer Bearbeitung: Arbeitserlaubnis, Führungszeugnis, Auszug aus dem tschechischen Strafregister, Geburtsurkunde, Passbilder, Reisepass, Mietvertrag sowie eine zusätzliche Erklärung des Vermieters. Dazu noch Beglaubigungen, und beglaubigte Übersetzungen. Das alles könnte mit dem EU-Beitritt Tschechiens hinfällig werden. Wohlgemerkt: Könnte! Denn obwohl zu den Grundpfeilern der EU neben dem freien Personenverkehr auch der freie und EU-weite Arbeitsmarktzugang gehört, ist die Diskussion über Sperrfristen - im EU-Jargon "Übergangszeiten" genannt - für Arbeitskräfte aus den neuen Beitrittsländern vor allem in Österreich und Deutschland seit Jahren im Gange. Befürchtet wird ein Ansturm von Billigarbeitern, die Einheimischen den Arbeitsplatz streitig machen. Bis ins Jahr 2011 soll es zum Beispiel dauern, bis Tschechen bei ihren westlichen Nachbarn gleichberechtigt werden arbeiten können. Bis dahin könnte die Freizügigkeit eingeschränkt bleiben. Am Dienstagabend stand jetzt auch in Prag fest: Trotz EU-Beitritt wird die tschechische Regierung in Zukunft eine Arbeitserlaubnis von Deutschen, Österreichern, aber auch von Polen und Slowaken verlangen, wenn es die Situation auf dem tschechischen Arbeitsmarkt erfordert. Diese Entscheidung kommentierte der Minister für Arbeit und Soziales Zdenek Skromach wie folgt:

"Die Tschechische Republik wird nicht im Vorfeld die Möglichkeit ausschließen, eine Übergangszeit auf der Grundlage der aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt in der Tschechischen Republik einzuführen. Und dies sowohl gegenüber EU-Staaten als auch gegenüber den neuen Beitrittsländern. Selbstverständlich wollen wir dieses Mittel nicht als irgendeine Form der Sanktion gegen diejenigen einsetzen, die auch eine Übergangsfrist einführen werden, aber es wird davon abhängen, wie sich diese Sache nach dem Beitritt Tschechiens zu EU entwickeln wird."

Wie sich "die Sache" entwickeln wird, ist auch eine Frage, ob die so genannten Übergangszeiten tatsächlich vor dem Hintergrund der Arbeitsmarktsituation oder gar als politisches "Wie du mir so ich dir" gehandhabt werden. Denn zumindest aus dem Westen droht dem tschechischen Arbeitsmarkt keine Arbeitskräfteschwemme, sind sich Vertreter von Handelskammern der EU-Staaten sicher, wie die Tageszeitung Mlada Fronta Dnes berichtet. Dennoch schließt Skromach vorerst das Konzept einer gegenseitigen Zugangsbeschränkung der Arbeitsmärkte nicht aus.

"Die Frage der Wechselseitigkeit wird selbstverständlich auch davon abhängen, wie die einzelnen Verhandlungen verlaufen werden. Bisher haben noch nicht alle europäischen Staaten ihre Stellungnahmen fertig gestellt. Und selbstverständlich werden wir vor diesem Hintergrund mit einer Entscheidung bis nach dem Beitritt zur Europäischen Union warten."

Neben Managern aus Westeuropa arbeiten in Tschechien in der Regel Arbeitskräfte mit Spezialisierungen, für die tschechische Arbeitskräfte fehlen. Anders hingegen steht es um die bald neuen EU-Nachbarn im Osten. Polen und insbesondere Slowaken gehören seit Jahren zu den Pendlern, die zum Arbeitsplatz über die Grenze fahren. Slowakische Arbeitskräfte sind zudem seit der Spaltung in Tschechische und Slowakische Republik im Jahr 1993 integraler Bestandteil des tschechischen Arbeitsmarktes geblieben. Die rund 60 000 Slowaken haben seitdem eine Sonderposition, sie benötigen keine Arbeitserlaubnis. Der EU-Beitritt könnte sie somit besonders hart treffen. Sollte einer der bald 25 EU-Staaten über slowakische Arbeitskräfte eine Sperrfrist verhängen, hätte auch Tschechien die Möglichkeit Slowaken erneut mit einer Arbeitserlaubnis zu belegen.