Seit 10 Jahren im Schengenraum

Grenzübergang Šafov-Riegersburg (Foto: GuentherZ, CC BY 3.0)
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Im Dezember 2007 verschwanden die Schlagbäume zwischen Tschechien und seinen Nachbarstaaten.

Grenzübergang Šafov-Riegersburg  (Foto: GuentherZ,  CC BY 3.0)
Am 21. Dezember 2007 trat die Tschechische Republik gemeinsam mit acht weiteren EU-Staaten dem Schengenraum bei. Gejubelt wurde damals unter anderem an der Grenze zwischen Tschechien und der Slowakei. Kontrollen gab es da gerade einmal seit 15 Jahren, die Grenze entstand erst nach dem Zerfall der Tschechoslowakei. Die Tschechen und Slowaken durchsägten den Schlagbaum und feierten ihre neue Vereinigung.

Heute lässt sich die Grenze zu den Nachbarstaaten Tschechiens nur an den Verkehrsschildern am Straßenrand erkennen. Der Europa-Abgeordnete Pavel Svoboda (Christdemokraten) unterstreicht die Bedeutung des Beitritts zum Schengenraum:

Karel Havlíček  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Es war ein sehr spürbarer Schritt nach Europa. Wir haben am eigenen Leib, beziehungsweise an den eigenen Beinen und Fahrzeugen erfahren, was es bedeutet, ein Teil Europas ohne Grenzen zu sein.“

420 Millionen Menschen leben heute in 26 Ländern des Schengenraums. Mit dem Beitritt öffneten sich auch für tschechische Produzenten die Tore zu diesem riesigen Markt. Noch wichtiger als der Beitritt zu Schengen, sei allerdings der Beitritt zur Europäischen Union 2004 gewesen, meinte Karel Havlíček in einem Interview für den Tschechischen Rundfunk. Er ist Vorsitzender des Verbandes kleiner und mittelständischer Unternehmen:

„Der EU-Beitritt war entscheidend für die tschechische Wirtschaft. Wir exportieren fast 80 Prozent unserer Produkte in die Länder der Union. Die Öffnung des Schengenraums trug dazu bei, dass die Handelsverfahren, insbesondere die Logistik, beschleunigt wurden. Die Konkurrenz ist heute sehr stark. Ein schneller Gütertransports spielt daher eine wichtige Rolle.“

Illustrationsfoto: Bundesarchiv,  B 145 Bild-F079070-0030 / Unbekannt / CC-BY-SA 3.0
Die kleineren Länder der EU seien zuvor benachteiligt gewesen, so Havlíček.

„Ehrlich gesagt, Deutschland beziehungsweise Frankreich verfügen über viele eigene Produzenten und sind imstande, ihre Verbraucher selbst zu versorgen. Kleinere Länder wie Tschechien sind viel abhängiger vom Export. Die tschechischen Firmen brauchen zufriedene Kunden in Frankreich, Spanien und weiteren Ländern. Der Beitritt zum Schengenraum hat den Export schneller und effektiver gemacht. Wir verkaufen heute zweifelsohne mehr als zuvor.“

Eine harte Probe erlebte der Schengenraum allerdings in der Flüchtlingskrise 2015. Sechs Mitgliedsstaaten haben damals teilweise wieder Grenzkontrollen eingeführt. Die Maßnahme gilt zwar offiziell als provisorisch, wird aber wegen der Terrorgefahr immer wieder verlängert. Darauf verweist der Sicherheitsexperte und ehemalige Leiter des tschechischen Militärnachrichtendienstes, Andor Sándor:

Andor Sándor  (Foto: Adam Kebrt,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Eigentlich existierte der Schengenraum am Höhepunkt der Flüchtlingskrise fast nicht mehr. Zudem wurde, vor allem seitens Deutschlands, das Dublin-System untergraben. Somit war eine regelkonforme Aufnahme von Flüchtlingen in Europa nicht mehr möglich.“

Insgesamt hätten aber die Vorteile für Tschechien in den zurückliegenden zehn Jahren gegenüber den Nachteilen überwogen, meint Sándor. Laut Jan Schroth von der IOM, der Internationalen Organisation für Migration, ist ein Beweis dafür auch, dass reiche Nicht-EU-Staaten wie die Schweiz, Norwegen und Island dem Schengenraum beigetreten sind. Probleme, wie etwa die grenzüberschreitende Kriminalität, seien fast zu vernachlässigen, betont Schroth:

„Die Tschechische Republik ist in einer sehr bequemen Position. Tschechien, Österreich und Luxemburg sind die einzigen Staaten innerhalb des Schengenraumes, in die niemand illegal über das Meer oder über die grüne Grenze einreisen kann. Hierzulande kann man nur auf internationalen Flughäfen um Asyl ersuchen.“

Gerade durch einen strengeren Schutz der Schengen-Außengrenze kann der freie Personenverkehr im Schengenraum auch weiterhin gewährleistet werden. Darüber ist man sich in Europa einig.