Ritt der Könige: Unesco kürt mährischen Volksbrauch zum Weltkulturerbe

„Ritt der Könige“ (Foto: ČTK)

Der so genannte „Ritt der Könige“, ein traditioneller Volksbrauch aus der Mährischen Slowakei, wurde in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Unesco eingetragen. Diese erfreuliche Nachricht kam am vergangenen Wochenende von der weit entfernten indonesischen Insel Bali: Die Unesco hatte dort 84 Anträge bewertet und 14 lebendige Traditionen zum Kulturerbe erhoben.

„Ritt der Könige“  (Foto: ČTK)
„Auf den König, Onkel, auf den König! Wir haben einen armen, aber ehrlichen König.“: Seit vielen Generationen rufen junge Männer zu Pfingsten diese und andere Parolen, die den so genannten „Ritt der Könige“ begleiten. Laut Ethnologen handelt es sich um einen Initiationsbrauch mit vorchristlichen Wurzeln, der Jünglinge zu Männern erhebt. Der Überlieferung nach erinnert die Tradition an die dramatische Flucht des ungarischen Königs Matthias Corvinus, der nach seiner Niederlage gegen den böhmischen König Georg von Podiebrad über Mähren geflohen war. Um nicht erkannt zu werden, soll der König Frauenkleidung angezogen haben. Und eben ein König in einer Mädchentracht und mit einer Rose im Mund ist die Zentralfigur des Umzugs, der als Ritt der Könige bezeichnet wird. Für diese Rolle werden Jungen zwischen zehn und dreizehn Jahren ausgewählt. Begleitet und geschützt wird der König von einem Gefolge achtzehnjähriger Jungen in bunten Trachten auf geschmückten Pferden.

Matthias Corvinus
Dieser Brauch war in der Vergangenheit in fast jedem Dorf Südostmährens, der so genannten Mährischen Slowakei lebendig, heute wird die Tradition nur noch in vier Gemeinden praktiziert – in Hluk, Kunovice, Skoronice sowie in Vlčnov. Die Eintragung in die Unesco-Liste bedeutet für sie einen großen Erfolg, gleichzeitig aber auch die Verpflichtung, den Volksbrauch ohne Änderungen, so wie er dokumentiert wurde, weiter zu pflegen. Der Bürgermeister von Vlčnov, Jan Pijáček:

„Wenn wir in die Zukunft schauen, bekommen wir weiche Knie. Aber alle Gemeindevertretungen haben beschlossen, den Brauch zu unterstützen. Es ist eine Verpflichtung auch für jene Generationen, die nach uns kommen.“

Jan Pijáček  (Foto: Lidé Slovácka)
Am Fest beteiligen sich die meisten Einwohner der Gemeinden. Der Umzug der Rekruten mit dem König ist ein Höhepunkt, der mehrere Monate lang vorbereitet wird. Der König wird auf einem Königsball im Januar gekürt, danach beginnt die Vorbereitung der Trachten, tausender Papierrosen und weiterer Dinge. Bürgermeister Pijáček:

„Alle Artefakte müssen jedes Jahr neu gemacht werden – vor allem die Papierrosen. Man muss die Trachten vorbereiten, und die Jungen müssen reiten, um sich mit den Pferden anzufreunden. Ein Team bereitet auch das Begleitprogramm vor. Dies alles dauert ein halbes Jahr oder sogar ein Drei-Viertel-Jahr.“

Die Tschechische Republik hat das Gesuch um die Eintragung fünf Jahre lang vorbereitet. Der mährisch-slowakische Ritt der Könige ist bereits der vierte Brauch in einer Reihe gelebter Traditionen aus Tschechien, die es in die Unesco-Liste geschafft haben: es finden sich dort bereits die Faschingsumzüge und -masken aus der ostböhmischen Hlinsko-Region, der mährisch-slowakische Rekrutentanz „Verbuňk“ sowie die Tradition der Falknerei. Außerdem wurden bisher zwölf Denkmäler in die Unesco-Liste des Weltkulturerbes eingetragen. Dazu zählen unter anderem die historischen Stadtkerne in Prag, Český Krumlov / Krumau oder Kutná Hora / Kuttenberg, das südböhmische Dorf Holašovice oder aber etwa die funktionalistische Villa Tugendhat in Brünn.