Regierungsbildung: Durchbruch bei den Sondierungen

Andrej Babiš (Foto: ČTK)

Partei Ano und Sozialdemokraten planen eine Minderheitskoalition. Doch die Regierungsbildung ist weiter unsicher.

Andrej Babiš  (Foto: ČTK)
Seit Wochen hatte die Partei Ano in mehrere Richtungen sondiert. Nun ist mit den Sozialdemokraten ein Durchbruch erzielt worden. Diesen präsentierte der geschäftsführende Premier und Ano-Parteichef Andrej Babiš am Donnerstagabend:

„Ab jetzt verhandeln wir exklusiv mit den Sozialdemokraten über eine Minderheitskoalition, die von den Kommunisten unterstützt werden könnte.“

Kommende Woche werden die offiziellen Koalitionsgespräche aufgenommen, bis 10. April will man verhandeln. Doch danach haben die Sozialdemokraten eine Hürde nach deutschem Vorbild eingebaut.

Jan Hamáček  (Foto: Alžběta Švarcová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Falls wir zu einer Übereinkunft kommen, legen wir diese zunächst unserem Parteitag zur Beurteilung vor. Und danach sollen auch noch unsere Mitglieder in einem internen Votum entscheiden. Wir verhandeln über eine Minderheitskoalition mit der Partei Ano. Diese wird im Abgeordnetenhaus aber weitere Unterstützung brauchen. Eine der Möglichkeiten sind dabei die Kommunisten“, so Jan Hamáček, seit Februar neuer sozialdemokratischer Parteichef.

Die Ano-Partei und die Sozialdemokraten haben zusammen nur 93 Abgeordnete im 200-köpfigen Unterhaus des tschechischen Parlaments. Mit Hilfe der Kommunisten käme man auf 108 Stimmen – und hätte dann eine komfortable Mehrheit.

Der größte Unsicherheitsfaktor auf dem Weg zu einer möglichen Koalition liegt in einer entscheidenden Personalfrage. Bisher haben die Sozialdemokraten nämlich ausgeschlossen, Andrej Babiš selbst in einem gemeinsamen Kabinett zu dulden. Der Grund sind die polizeilichen Ermittlungen gegen den Ano-Parteichef, es geht um möglichen Betrug mit EU-Geldern für das Luxusressort „Storchennest“.

Vojtěch Filip  (Foto: Luboš Vedral,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Die Kommunisten hingegen scheint die Personalie Babiš nicht sonderlich zu stören. Auch sprachen ihre Unterhändler am Donnerstag von rund 80 Prozent programmatischer Übereinstimmung mit der Ano-Partei. Dennoch hielt sich Kommunistenchef Vojtech Filip vorerst bedeckt:

„Bisher haben wir allen gesagt, dass wir weiter verhandeln werden. Zu Anfang schienen die Parameter einer Zusammenarbeit auch leicht greifbar, mittlerweile erweist sich die Annäherung aber als schwieriger Prozess.“

Grundsätzliche Differenzen bestehen in der Frage der tschechischen Nato-Mitgliedschaft. Die Kommunisten würden das Land lieber aus dem Verteidigungsbündnis herausführen. Darüber sollen ihrer Meinung nach die tschechischen Bürger in einer Volksabstimmung entscheiden. Dies lehnen die Partei Ano und auch viele Sozialdemokraten jedoch ab.

Am Donnerstag hatten Premier Babiš und sein Team im Übrigen auch mit den Bürgerdemokraten verhandelt sowie mit der Partei SPD („Freiheit und direkte Demokratie“), die migrations- und islamfeindliche Positionen vertritt. Mit Ersteren wurde nur wenig programmatische Übereinstimmung gefunden. In Bezug auf die SPD sagen einige Ano-Minister wiederum, dass man nicht mit „einer faschistischen Partei“ zusammenarbeiten wolle.