Regierung beschließt mehr Hilfe und Schutz für Opfer von Straftaten

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Opfer einer Straftat zu werden, kann ein traumatisches Erlebnis sein. Deswegen brauchen die Opfer Hilfe, Schutz und eine Entschädigung. In Tschechien hinken in manchen Bereichen die Rechte von Opfern hinter dem westlichen Standard hinterher. Eine Gesetzesvorlage von Justizminister Jiří Pospíšil soll nun Abhilfe schaffen. Das Regierungskabinett hat am Mittwoch die neuen Rechtsnormen gebilligt.

Jiří Pospíšil
Bisher gibt es in Tschechien kein eigenständiges Gesetz, das die Rechte der Opfer von Straftaten regelt. Mit der Vorlage von Justizminister Pospíšil werden nun erstmals die Rechtsnormen aus Polizeigesetz, Strafgesetzbuch und weiteren Gesetzen zusammengefasst. Der Minister bei der Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung:

„Damit nähern wir uns den Staaten in Westeuropa an, wo das Opfer beim Strafverfahren im Vordergrund steht und stark geschützt wird.“

Unter anderem will die Regierung ein Element aus den angelsächsischen Ländern einführen: das so genannte Victim Impact Statement. Was dies ist, erläuterte der stellvertretende Justizminister František Korbel in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Es geht darum, dass das Opfer in jeder Phase des Strafverfahrens eine Erklärung abgeben kann, welche konkreten Folgen die Straftat für sein Leben und das seiner Familie gehabt hat. Diese Erklärung kann vom Richter bei der Festlegung des Strafmaßes für den Täter berücksichtigt werden. Vor allem aber beeinflusst sie die Höhe der Entschädigungszahlungen.“

František Korbel
Apropos Entschädigungszahlungen: Unmittelbare finanzielle Hilfe vom Staat wird bisher in Tschechien nur für einen sehr eingeschränkten Kreis von Straftaten gewährt. Auch das soll sich ändern.

„Das ist ein sehr wichtiges Element. Bisher haben nur Opfer, die unmittelbar verletzt wurden, oder die Angehörigen der Opfer von Tötungsdelikten ein Recht auf Gelder des Staates. Das neue Gesetz weitet das Recht auch auf Opfer von Sexualdelikten wie Vergewaltigung oder sexuelle Erpressung aus“, so František Korbel.

Zudem soll sich der Umfang der Soforthilfe erhöhen. Korbel verwies darauf, dass diese Zahlungen unabhängig erfolgen von den Entschädigungssummen, die später das jeweilige Gericht in seinem Urteil festlegt.

Leichteren Zugang sollen die Opfer von Straftaten auch zum Angebot kostenloser Beratung haben. Bisher besteht ein Ring von 20 Beratungszentren, die vom Staat finanziert werden. In Zukunft sollen sich auch Nichtregierungsorganisationen beim Justizministerium akkreditieren lassen können. Und die Polizei wird verpflichtet, gleich beim ersten Kontakt das Opfer über die Beratungsmöglichkeiten zu informieren.

Petra Vitoušová
Ausdrücklich begrüßt wird die Gesetznovelle gerade von den Nichtregierungsorganisationen, die sich um den Opferschutz kümmern. Sie hoffen, dass sich mit den neuen Rechtsnormen ein beunruhigender Trend der vergangenen zwei Jahre stoppen lässt. Petra Vitoušová ist Leiterin des „Weißen Kreises der Sicherheit“ (Bílý kruh bezpečí):

„Immer mehr Menschen, die sich das erste Mal an uns wenden, haben die gegen sie begangene Straftat noch nicht zur Anzeige gebracht. Dazu gehören vor allem Opfer von häuslicher Gewalt, von Vergewaltigungen sowie von bestimmten Formen der Androhung von Gewalt und des Stalkens.“

Über die Gesetzvorlage muss aber noch das Parlament urteilen. Die oppositionellen Sozialdemokraten haben bereits ihre Zustimmung angekündigt.