Reform des Demonstrationsrechts: Freiheit gegen Recht und Ordnung

Gedenkveranstaltungen zum 17. November in Albertov (Foto: YouTube)

Es gilt als ein Grundrecht in demokratischen Gesellschaften: das Recht auf Versammlung und öffentliche Meinungsäußerung. In Tschechien wird nun dieses Recht reformiert. Der Senat hatte zuvor Änderungen an der entsprechenden Gesetznovelle gefordert, um den Bürgern mehr Freiheiten einzuräumen. Das Abgeordnetenhaus blieb jedoch bei seiner Version, und das sorgt für scharfe Kritik.

Gedenkveranstaltungen zum 17. November in Albertov  (Foto: YouTube)
In Tschechien ist das Demonstrationsrecht immer wieder ein heißes Thema. Vor allem in jüngster Vergangenheit: Eine unklare Rechtsauffassung und das in den Augen der Demonstranten fragwürdige Handeln der Polizei hat zu einem Aufschrei geführt. Konkret geht es dabei um die Proteste beim Staatsbesuch des chinesischen Staatspräsidenten, den Gedenkveranstaltungen zum 17. November in Albertov und eine Reihe von Migrationskundgebungen.

Bronislav Schwarz  (Foto: Archiv des Abgeordnetenhauses des Parlaments der Tschechischen Republik)
Das tschechische Parlament strebt nun eine Reform des Demonstrationsrechts an. Initiatoren von Protesten sollen besser administrativ kontrolliert werden, und auch den Ort der Demonstrationen sollen die Ämter nach Bedarf ändern können. Im Notfall können offizielle Stellen eine Kundgebung sogar auflösen, sollte es in deren Verlauf zu Straftaten kommen.

Zuvor hatte noch der Senat Änderungsbedarf an dem Vorschlag angemeldet: Die Bürger sollten dabei vor allem die Freiheit haben, sich unangemeldet versammeln zu dürfen. Das Abgeordnetenhaus hat dies jedoch abgelehnt. Auch der Abgeordnete Bronislav Schwarz von der Regierungspartei Ano ist froh, dass die Gesetzesnovelle in ihrer ursprünglichen Form angenommen wurde:

„Anständige Menschen, die sich aus einem triftigen Grund versammeln und ihre Rechte so wahrnehmen möchten, betrifft das Gesetz überhaupt nicht. Es betrifft vor allem diejenigen, die Autos und vor allem Polizeiautos anzünden sowie Häuser und Geschäfte beschädigen. Solche Aktionen gab es zum Beispiel in Nordböhmen genug. Die Demokratie ist an sich eine schöne Sache, aber Recht und Ordnung müssen auch sein.“

Martin Plíšek  (Foto: Zpelechova,  CC BY 4.0)
Widerstand regt sich gegen das Gesetz insbesondere in der konservativen Opposition. Er fühle sich an die Zeiten und die Rhetorik des Kommunismus erinnert, so Martin Plíšek, Abgeordneter der Top 09. Vor allem aber stellt er das allgemeine Selbstverständnis des Staates infrage und sieht das Demonstrationsrecht in einem weit größeren Kontext. In welchem Verhältnis sollen die Bürger und die Beamten stehen? Und inwieweit sind dadurch die mühsam errungenen bürgerlichen Freiheiten bedroht? Martin Plíšek:

„Das Verhältnis zwischen den Bürgern und den Beamten kann nicht so sein, dass hier eine Art Obrigkeit entsteht, die klar über dem Bürger schwebt. Jede Amtsperson verrichtet einen öffentlichen Dienst und bekommt dafür sein Geld von den Steuerzahlern. Manche meinen ja, dass sich zum Beispiel durch höhere Strafen wegen Beamtenbeleidigung das Verhältnis der Bürger zu ihren Beamten verbessert. Ich denke, das hat schlussendlich einen entgegengesetzten Effekt.“

Jeroným Tejc  (Foto: Šárka Ševčíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
So sehen das die Vertreter der Regierung indes nicht. Eine feste Zuteilung von Aufgaben an die Beamten sei dringend notwendig und im klaren Interesse der Bürger, so der Regierungsabgeordnete Jeroným Tejc von den Sozialdemokraten:

„Erstens: Auch jeder Beamte ist ein Bürger. Zweitens: Die Beamten sind dazu da, dass Gesetze eingehalten werden – und damit hier weiterhin Demokratie und eben nicht Anarchie herrscht. Wir sollten also nie Bürger und Beamte im Gegensatz zueinander sehen. Wenn es die Beamten nicht gäbe, würden sich die Bürger wiederum beschweren, dass andauernd jemand in ihre Rechte eingreift. Zum Beispiel, dass vor ihren Häusern dauernd irgendwelche Demonstrationen stattfinden und sie am Schlafen hindern. Oder irgendjemand stört den öffentlichen Frieden, und die Polizei darf schlicht nicht eingreifen.“

Die Reform des Demonstrationsrechts sei keine Revolution, fügte Tejc noch hinzu. Sie orientiere sich an der gängigen Praxis und sei demnach vollkommen in Ordnung