Referendum in Bergkarabach: Haftbefehl gegen EU-Abgeordneten Štětina

Jaromír Štětina (Foto: Noemi Fingerlandová, Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Die Bewohner der zwischen Armenien und Aserbaidschan umstrittenen Region Bergkarabach haben am Montag in einem Referendum über eine neue Verfassung entschieden. Als Beobachter vor Ort waren drei Europaabgeordnete, darunter der Tscheche Jaromír Štětina (parteilos). Aserbaidschan hat gegen die Politiker nun einen internationalen Haftbefehl ausgeschrieben.

Jaromír Štětina  (Foto: Noemi Fingerlandová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
1988 brach ein Krieg zwischen den Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan um Bergkarabach aus. Bis heute kommt die Region im Kaukasus nicht zur Ruhe. Die mehrheitlich armenische Bevölkerung will zum Mutterland gehören, Aserbaidschan will das verhindern. Völkerrechtlich gehört Bergkarabach nämlich immer noch zu dem ölreichen Land am Kaspischen Meer. Und das, obwohl es sich schon 1991 unabhängig erklärt hat.

Am Montag sagten die Bewohner der Enklave „Ja“ zu einer Verfassungsänderung, in Zukunft sollen dem Präsidenten mehr Kompetenzen eingeräumt werden. Mit dabei in der Hauptstadt Stepanakert waren auch drei Abgeordnete des Europaparlaments: der Tscheche Jaromír Štětina, die Zypriotin Eleni Theocharous und Frank Engel aus Luxemburg. Sie sollten als Beobachter am Referendum teilnehmen, wie Štětina erklärt. Und das ganz offiziell von Seiten der dortigen Verwaltung:

Bergkarabach  (Foto: Sonashen,  CC BY-SA 3.0)
„Ich bin auf Einladung des Parlaments der Republik Bergkarabach dort gewesen.“

Nachdem die Politiker am Mittwoch wieder in Brüssel waren, bekamen sie schlechte Nachrichten aus der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku. Das dortige Innenministerium hat einen internationalen Haftbefehl gegen die drei Abgeordneten ausgeschrieben, Zitat:

„Es handelt sich um ein mehrfaches illegales Betreten des von Armenien besetzten Bergkarabach. Das Ziel sollte es sein, das dortige Referendum am 20. Februar 2017 zu beobachten. Deswegen haben wir einen internationalen Haftbefehl für die Abgeordneten ausgestellt.“



Aserbaidschanische Soldaten im Krieg in Bergkarabach  (Foto: Ruaf Mammadov,  CC BY-SA 4.0)
Betroffen von dem Haftbefehl sind nicht nur die drei Europarlamentarier. Genauso bezieht er sich auf eine Gruppe von Archäologen aus mehreren Ländern. Laut Štětina verfolgt die aserbaidschanische Regierung mit dem Haftbefehl gegen ihn und seine Kollegen ein konkretes Ziel:

„Bergkarabach befindet sich im Krieg mit Aserbaidschan. Die ganze Aktion sieht danach aus, als ob Aserbaidschan die Dutzenden Mitarbeiter von internationalen Organisationen sowie Bau- und Bergbaufirmen einschüchtern will. Ihnen soll deutlich gemacht werden, dass auch ihnen die Verhaftung droht. Es ist eine Art hybriden Kriegs, den Baku gegen Bergkarabach führt.“

Schärfer äußert sich der Luxemburger Frank Engel. Er sitzt genauso wie Štětina für die konservative EVP im Europaparlament:

Frank Engel  (Foto: Archiv DEEEP Project,  CC BY-SA 2.0)
„Aserbaidschan ist eine kleptokratische Bananenrepublik. Das Land verletzt durchgehend die Menschenrechte, und die Zahl der politischen Gefangenen steigt stetig. So ein Land hat keinen Platz im Europarat oder der östlichen Partnerschaft der EU. Wenn wir schon scharfe Sanktionen gegen Nordkorea haben, ist es höchste Zeit, auch welche gegen Aserbaidschan einzuführen.“

Innerhalb der EU droht den drei Europaabgeordneten keine Verhaftung, sie genießen hier Immunität. Anders sieht es in Drittstaaten aus. Diese könnten die Politiker verhaften und nach Aserbaidschan ausliefern. Jaromír Štětina hat bereits bekräftigt, dass er zum Beispiel in der derzeitigen Lage nicht nach Minsk fahren würde. Prag betont aber, dass außerhalb der EU der internationale Haftbefehl nicht unbedingt bindend sei. Er ist laut dem tschechischen Außenministerium politisch motiviert und damit nicht rechtmäßig.