Reaktionen auf Tod einer Legende: Jiří Raška war Idol der Jugend und wunderbarer Mensch

Jiří Raška (Foto: ČTK)

Der tschechische Sport hat einen der Besten aus seiner Mitte verloren: Im Alter von 70 Jahren ist am vergangenen Freitag der frühere Skisprung-Olympiasieger Jiří Raška verstorben. Raška, der sowohl in der Heimat als auch im Ausland große Popularität genoss, war schon zu Lebzeiten in Tschechien eine Legende. Aus vielen Gründen, die man versteht, wenn man allein die Reaktionen auf seinen Tod betrachtet.

Jiří Raška  (Foto: ČTK)
„Das war ein wunderbarer Flug in unendlicher Stille, er dauerte ein kurzes Menschenleben“– mit diesen Worten beschrieb der tschechische Dichter Ota Pavel einst den ersten Sprung des Skispringers Jiří Raška von der Normalschanze bei den Olympischen Winterspielen 1968 in Grenoble. Dieser Sprung trug Raška auf 79 Meter hinaus und ließ ihn kurz darauf der erste tschechoslowakische Wintersportler mit einer Goldmedaille werden. Dass ihn mit Pavel sogar ein beliebter Dichter besang, zeigt wie populär der Springer aus dem mährischen Frenštát pod Radhoštěm war und ist. Raška selbst blieb stets bescheiden, auch unmittelbar nach den beiden Sprüngen, die ihm damals den Olympiasieg bescherten:

„Ich kann das Ganze noch gar nicht so recht glauben. Es kam so plötzlich, ich bin noch ziemlich baff. Jetzt, da ich aber gewonnen habe, freue ich mich riesig.“

Während Raška also sein Glück damals gar nicht fassen konnte, spürte der heutige Vorsitzende des Tschechischen Olympischen Komitees, Milan Jirásek, der die Wintersportler damals als Chefarzt betreute, ganz genau, was dieser Triumph bedeutete:

„Das hat unsere Sportler aufblicken lassen, denn eine olympische Goldmedaille zu gewinnen, das konnte sich seinerzeit niemand vorstellen, und auf einmal war sie da. Es war so, als wenn uns der Atem stockte.“

Jiří Raška  (Foto: ČTK)
Für Jiří Raška war der Olympiasieg sicher der schönste Moment seiner Karriere, aber nicht der einzige Wettkampf, bei dem er erfolgreich war. In Grenoble gewann er zudem auf der Großschanze die Silbermedaille, und drei Jahre später trug er sich als Gesamtsieger auch in die Annalen der Vierschanzentournee ein. Was aber fast noch wichtiger war: Raška gab den Kindern damals ein Motiv, ihm nachzueifern. Zu ihnen gehörte der spätere Vizeweltmeister im Skifliegen und Weiten-Rekordhalter Pavel Ploc, für den Raška ein Idol war:

„Ich denke, er war der Wegbereiter dieses tollen Sports in unserem Land. Ohne Raška wäre das Skispringen bei uns kein solch populärer Sport geworden, wie er das heute ist.“

Die siebenfache Olympiasiegerin im Turnen, Věra Čáslavská, zählte Raška zu ihren ganz engen Freunden. Daher war sie auch ziemlich nah mit Raškas familiären Verhältnissen vertraut, die alles andere als leicht waren. Raška verlor schon in Kinderjahren seinen Vater, er starb an Leukämie. Ein schmerzlicher Verlust für den stets bescheidenen und hilfsbereiten Jiří, der ihm auch im Moment seines größten Erfolgs, bei der Siegerehrung in Grenoble, bewusst wurde:

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„Meine ersten Gedanken kreisten um meinen Vater, denn er starb, als ich neun Jahre alt war.“

Am 4. Februar hätte Jiří Raška seinen 71. Geburtstag gefeiert. Das aber war ihm nicht mehr vergönnt. Věra Čáslavská wird ihn immer nur in bester Erinnerung behalten:

„Man sagt ja, wenn jemand von uns geht, dann redet man von diesem Menschen nur in Superlativen. Bei Jiří Raška ist das auch angebracht. Er war ein erstaunlicher, tapferer und wundervoller Kerl.“

Jiří Raška wurde vor knapp drei Monaten durch Präsident Václav Klaus mit der Verdienstmedaille ausgezeichnet. Im Jahr 2003 wurde er zum tschechischen Skisportler des vergangenen Jahrhunderts gekürt.

Autor: Lothar Martin
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