Rätsel um Ransdorf: EU-Parlamentarier nach Festnahme in Erklärungsnot

Miloslav Ransdorf (Foto: ČTK)

Der tschechische Politiker Miloslav Ransdorf hat am Wochenende für internationale Schlagzeilen gesorgt. Die Schweizer Polizei nahm den kommunistischen Europa-Abgeordneten fest, als er gemeinsam mit drei Slowaken angeblich 350 Millionen Euro bei einer Zürcher Bank abheben wollte. Inzwischen ist Ransdorf wieder auf freiem Fuß, seine Erläuterungen sind bislang dürftig. Tschechien sorgt sich unterdessen um seinen Ruf im Ausland.

Miloslav Ransdorf  (Foto: ČTK)
Er war der Aufmacher der Abendnachrichten am Freitag und beschäftigt die tschechischen Medien seither: Miloslav Ransdorf. Das Magazin Respekt hatte zuerst über die Festnahme des kommunistischen EU-Abgeordneten berichtet. Die Schweizer Polizei teilte mit, dass der 62-Jährige wegen eines mutmaßlichen Vermögensdelikts aufgegriffen wurde. Slowakischen Berichten zufolge wollte er am Donnerstag gemeinsam mit drei Slowaken in einer Filiale der Zürcher Kantonalbank 350 Millionen Euro abheben. Dabei hätten sie gefälschte Papiere vorgelegt, bestätigte der slowakische Innenminister Robert Kaliňák am Samstag:

Robert Kaliňák  (Foto: U.S. Department of State,  Public Domain)
„Die Papiere haben nicht mit den Tatsachen übereingestimmt, worauf die Züricher Polizei gerufen wurde, die alle Personen festgenommen hat.“

Anders dagegen die Version von Miloslav Ransdorf. Der Abgeordnete, der seit 2004 im EU-Parlament sitzt, kam nach zwei Nächten im Gefängnis am Samstag frei und machte sich auf den Weg nach Tschechien, am Sonntag schließlich veröffentlichte er eine Erklärung zu dem Vorfall, Zitat:

„Ich weise die Behauptungen, die in tschechischen Medien kursieren, energisch zurück. Ich habe kein Konto bei der Kantonalbank, und ich weise zugleich die These zurück, dass es um das Abheben irgendeiner Summe von dieser Bank ging.“

Stattdessen sei er lediglich der Mittelsmann zwischen einem Bankkunden mit den Initialen V.H. und habe der Bank dafür eine Vollmacht vorgelegt. Sein Gewissen sei rein, beteuerte Ransdorf. Weitere Einzelheiten, etwa in welcher Beziehung er zu dem anonymen Bankkunden steht, blieb er in seiner Erklärung schuldig. Stattdessen beschwerte er sich über die Behandlung in Haft. Nach Angaben der Behörden sind zwei der verdächtigen Slowaken wegen Steuer- und Betrugsdelikten vorbestraft. Einer der Slowaken bleibt auch weiterhin in Haft in der Schweiz, dabei soll es sich um den Kommunalpolitiker Peter Guzmický handeln. Die tschechischen Kommunisten bestellten Ransdorf unterdessen für Dienstag ein und beeilten sich zu erklären, dass dieser nicht im Parteiauftrag gehandelt habe. Vojtěch Filip ist der Parteichef der KSČM:

Vojtěch Filip  (Foto: Tomáš Adamec,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Das Ganze kann vielleicht der Person Miloslav Ransdorf schaden, nicht aber der KSCM. Das ist seine Privatangelegenheit. Die KSČM kann nur dann etwas kommentieren, wenn klar ist, was er konkret begangen hat.“

Darüber allerdings besteht weiterhin Rätselraten. Weil das Verfahren läuft, wollte Corinne Bouvard, Sprecherin der zuständigen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, am Montag weder Details über die Entlassung der zwei Slowaken und Ransdorf, noch über den Haftantrag gegen den dritten Slowaken preisgegeben. Unabhängig vom Delikt steht für den christdemokratischen EU-Abgeordnete Pavel Svoboda das Ansehen Tschechiens auf dem Spiel.

Illustrationsfoto: Dontom,  CC BY-SA 3.0
„Auch wenn das ein kommunistischer Abgeordneter ist, so wird doch ein Schatten auf die Tschechische Republik fallen. Ich befürchte, dass wir uns da ganz unschön in die Geschichte der Vergünstigungen und der Immunität des Europäischen Parlaments einschreiben.“

Im Internet ergoss sich Hohn und Spott über Ransdorf. Von „Gangsdorf“ war die Rede. Karikaturisten und Grafiker freuten sich über die Vorlage, dass Ransdorf offenbar einen abgelaufenen Parteiausweis der KSČM in der Schweizer Bank vorgelegt hat. Der Politiker, der sich gerne als polyglotter, vielsprachiger Theoretiker gibt, genießt in Tschechien nicht gerade einen Vertrauensvorschuss. Zwei Verkehrsunfälle hat er verursacht. Dass er privat hoch verschuldet ist, ist seit langem bekannt. Auch international hat Ransdorf schon für Negativ-Schlagzeilen gesorgt, als er vor zwei Jahren einen niederländischen TV-Reporter vor dem EU-Parlament körperlich angriff. Dieser hatte Ransdorf vorgeworfen, nur für das Tagegeld von 300 Euro im Parlament erschienen zu sein.