Postengeschacher: Regierung Rusnok 100 Tage im Amt

Jiří Rusnok (Foto: ČTK)

Das Kabinett von Premier Jiří Rusnok regiert in Tschechien seit 100 Tagen. Da es das Vertrauen des Abgeordnetenhauses nicht erhalten hat, ist die Regierung nur geschäftsführend im Amt. Trotzdem hat die Regierung über staatliche Aufträge im Wert von mehreren Milliarden Kronen entschieden und eine Rekordzahl von hohen Staatsbediensteten gefeuert.

Jiří Rusnok  (Foto: ČTK)
Nach dem Rücktritt der konservativ-liberalen Koalition von Petr Nečas, beauftragte Staatspräsident Miloš Zeman den ihm nahe stehenden Ökonomen Jiří Rusnok mit der Regierungsbildung. Das Kabinett wurde auf Beschluss des Staatsoberhauptes zusammengestellt, ohne auf die Machtkonstellation im Abgeordnetenhaus einzugehen. Anfang August stellte Rusnok im Abgeordnetenhaus die Vertrauensfrage. Seine Regierung scheiterte und musste danach ihren Rücktritt einreichen. Das Kabinett regiert jedoch in Demission weiter und unternimmt dabei nicht nur formale Schritte, obwohl Rusnok dies versprochen hatte. Dieses Versprechen sollte nur helfen, das Vertrauen der Abgeordneten zu gewinnen, meint der Politikwissenschaftler von der Prager Karlsuniversität, Kamil Švec.



Kamil Švec  (Foto: Archiv der Karlsuniversität)
„Heute kann man sagen, dass damals fast alle geahnt haben, dass sich der Premier nicht an diese Erklärung halten wird. Von den Säuberungen, die in den einzelnen Ressorts begonnen wurden, lässt sich schwerlich behaupten, sie seien entweder zur Aufrechterhaltung der guten Arbeit des Ministeriums oder aus ökonomischen Gründen geschehen.“

Bislang mussten insgesamt 82 Staatsbedienstete verschiedener Ministerien ihre Posten räumen. Zu den größten Änderungen kam es im Verkehrs- und im Landwirtschaftsressort, wo 22 beziehungsweise 16 Menschen von hohen Positionen abberufen wurden. Verkehrsminister Zdeněk Žák setzte Anfang Oktober unter anderem die Chefs der Autobahn- und Straßendirektion (ŘSD), der Direktion der Wasserwege (ŘVC) und der Bahn-Behörde ab. Daneben wurden ein Staatssekretär sowie Leiter mehrerer Sektionen im Verkehrsministerium gekündigt. Genauso rasant ging der Landwirtschaftsminister Miroslav Toman vor: Er feuerte unter anderem drei seiner Stellvertreter sowie den Chef der staatlichen Nahrungsmittelinspektion und des staatlichen Gestüts in Kladruby. Das Rusnok-Kabinett hat derweil zudem über mehrere staatliche Aufträge im Wert von mehreren Milliarden Kronen entschieden. Gerade dies hält Politikwissenschaftler Švec für besonders problematisch:

Regierung Rusnok  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
„Aus diesem Grund sind diese ‚Möchtegern-Beamten- oder Expertenregierungen’ das größte Übel für die Tschechische Republik. Dies gilt auch für die so genannte ´Beamtenregierung´ von Jan Fischer, die vor vier Jahren regiert hat. Später zeigt sich immer, dass die ökonomischen Schäden recht groß sind. Denn eine derartige Regierung braucht sich nicht gegenüber anderen zu verantworten. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass es momentan kein Abgeordnetenhaus gibt. Die Minister sind also unter keinerlei ständigen Kontrolle.“

Premier Rusnok bezeichnete sein Kabinett jedoch trotzdem als erfolgreich. Seine Regierung habe, so der Premier, das Chaos beseitigt und Ordnung geschaffen. Kamil Švec dazu:

„Die Suche nach irgendwelchen Erfolgen der Regierung ist für mich wirklich schwierig. Ich sehe nichts Positives an ihrer Arbeit.“