Polizeieinsatz vereitelte geplante Kundgebung von Neonazis in Prag

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„Neonazistische Provokation gegenüber den Juden und der Vergangenheit“, „mögliche Straßenschlachten in Prag“ – so oder ähnlich lauteten die Schlagzeilen im Vorfeld des 10. Novembers, an dem in Prag auf verschiedene Weise des 69. Jahrestages der Pogrome der Reichskristallnacht gedacht werden sollte. Auslöser der angeheizten Atmosphäre war die Absicht der Rechtsextremisten, unter einem Vorwand ausgerechnet durch das ehemalige jüdische Viertel marschieren zu wollen. Eine Aktion, die vom Prager Magistrat und per Gericht verboten und durch einen massiven Polizeieinsatz auch verhindert wurde.

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Es hat leider schon den Charakter von notorischer Penetranz, dass historische Gedenktage oder staatliche Feiertage bisweilen auch in Tschechien von Extremisten missbraucht werden, um auf sich und ihr tumbes Gedankengut aufmerksam zu machen. Daher ließen sich in- und ausländische Neonazis trotz des Aufmarschverbots nicht davon abhalten, vergangenen Samstag nach Prag zu reisen. Zur geplanten Aktionszeit hielten sich 400 Neonazis, aber auch 1000 Anarchisten in der Innenstadt auf. Ihnen stand ein Aufgebot von über 1600 Polizisten gegenüber, das die öffentliche Ordnung sichern und mögliche Übergriffe dieser Gruppen auf Zivilisten verhindern konnte. Die Auseinandersetzungen zwischen Links- und Rechtsradikalen, bei denen es einige blutige Nasen gab, konnten zwar nicht ganz unterbunden werden, doch die befürchteten Straßenschlachten blieben aus. Und vor allem: Der provokative Marsch der Neonazis durch das ehemalige jüdische Viertel fand nicht statt. Deshalb wertete Innenminister Ivan Langer den Polizeieinsatz als erfolgreich und lobte die Zusammenarbeit aller Beteiligten:

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„Unstrittig ist, dass die ganze Aktion nicht so erfolgreich hätte verlaufen können, wenn es nicht die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit der städtischen Polizei, den Prager Verkehrsbetrieben und selbstverständlich dem Prager Magistrat gegeben hätte.“

Langer hob hervor, dass es in Zusammenarbeit mit der Grenzpolizei gelungen sei, viele aus dem Ausland einreisende Neonazis bereits an der Grenze abzuweisen. Knapp 100 musste man jedoch durchreisen lassen, davon sei der größte Teil aus der Slowakei gewesen, bemerkte der Chef der Prager Polizeiverwaltung Petr Zelasko. Anders als bei manch früherem Polizeieinsatz bewahrten die behelmten und zum Teil berittenen Ordnungshüter diesmal aber Ruhe und Übersicht, so dass die Situation nie zu eskalieren drohte. Ein Fakt, den auch der ehemalige Innenminister Frantisek Bublan herausstrich:

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„Ich war in der Josefstadt zugegen und habe einige Male beobachten können, wie die Polizei gegen die Radikalen vorgegangen ist. Ich muss sagen, dass die Polizisten das sehr geschickt gemacht haben. Aber die Sache nur danach zu beurteilen, ob die Polizei ihre Arbeit gut oder schlecht gemacht hat, das wäre zuwenig.“

Ein Nachsatz, der durchaus berechtigt ist. Denn die Ausgaben für den massiven Polizeieinsatz wurden ersten Angaben zufolge mit 15 Millionen Kronen (ca. 550.000 Euro) beziffert. Und, so der Kommentar in der Tageszeitung „Pravo“: „Die Neonazis haben ein paar Tropfen Blut verloren, aber ansonsten haben sie gepunktet. Sie haben sich gezeigt und mit der Taktik ihres glorifizierten Marsches in die Höhle des Löwen werden sie sicher weitere junge, frustrierte und ungebildete Jungs anlocken, mit denen sie die Parole ´Tschechien den Tschechen´ teilen werden. Die Anzahl der Neonazis nimmt daher weiter zu.“ In der tschechischen Politik war man aber erst einmal froh darüber, dass der Gedenktag des jüdischen Pogroms nicht für extremistische Propaganda missbraucht wurde.