Politologe Schuster: „Regierung durchwinken und Wähler bei der Stange halten“

Jan Fischer (Foto: ČTK)

Die Übergangsregierung von Premier Fischer hat ihr Programm für die kommenden Monate gebilligt. Noch ist es aber nicht veröffentlicht. Debattiert wird über das Regierungsprogramm, wenn das Kabinett Fischer demnächst die Vertrauensfrage stellen muss. Christian Rühmkorf sprach darüber mit dem Politologen Robert Schuster.

Jan Fischer  (Foto: ČTK)
Robert Schuster, innerhalb der nächsten 10-14 Tage muss die Regierung im Abgeordnetenhaus die Vertrauensfrage stellen. Das Regierungsprogramm ist noch unbekannt. Warum macht Premier Fischer daraus so ein Geheimnis, wenn doch keine großen Überraschungen zu erwarten sind, wie er sagte?

„Das stimmt, dass man keine großen Überraschungen erwarten kann. Auf der anderen Seite zeugt das davon, dass diese Regierung ganz einfach keine eigene Mehrheit hat. Diese Regierung ist eine Übergangsregierung, die von Gnaden der zwei großen Parteien, der rechtsliberalen Bürgerdemokraten und der Sozialdemokraten, amtiert und amtieren wird bis zu den vorgezogenen Neuwahlen. Und die Geheimniskrämerei ist dadurch zu erklären, dass natürlich diese beiden großen Parteien schon auch versuchen, ihre Wünsche durchzubringen. Und solange endgültig nicht fix ist, welche von diesen Wünschen erfüllt werden können, umso größer ist die Geheimniskrämerei. Das heißt, Premier Fischer will sich wahrscheinlich nicht alle Hintertürchen verschließen für eventuelle Zusatzwünsche der beiden großen Parteien.“

Die drei großen Aufgaben der Regierung stehen fest: das Land in vorgezogene Neuwahlen zu führen, die EU-Ratspräsidentschaft zu Ende zu bringen und den Staatshaushalt aufzustellen. Wo könnte es Probleme bei der Vertrauensdebatte geben? Die Sozialdemokraten haben ja eine lange Liste von Forderungen eingereicht.

„Kurz und gut: Alles, was etwas kosten kann, das kann für Fischer und seine Regierung tödlich sein. Das heißt, es geht darum, jetzt in den kommenden Wochen und Monaten, wo Wahlkampf herrschen wird, auch die Wünsche oder Begehrlichkeiten der Politiker und damit der beiden großen Parteien im Zaum zu halten. Und das wird das große Kunststück Jan Fischers sein, ob es ihm gelingen wird oder eben nicht. Denn wenn eine Partei regiert, dann kann sie kurz vor den Wahlen noch mit irgendwelchen gezielten Maßnahmen die eine oder andere wichtige Wählergruppe versuchen zu überzeugen. Aber wenn die Parteien eben nicht unmittelbar an der Regierung beteiligt sind, dann ist es natürlich etwas schwerer. Und dann muss man versuchen, durch irgendwelche Seitenwege oder andere Maßnahmen zu erreichen, dass man dann letztlich sagen kann: Diese Regierung – auch wenn sie eine Übergangsregierung ist – hat trotzdem, sagen wir mal, eine bürgerliche Handschrift oder eine sozialdemokratische Handschrift. Je nach Sichtweise.“

Eine kurze Einschätzung, Robert Schuster: Wird die Regierung das Vertrauen der Parlamentsmehrheit bekommen?

„Ja, sie wird es sicherlich bekommen, weil den Parteien auch nichts anderes übrig bleibt. Wenn sie wirklich noch etwas erreichen wollen, dann müssen die Parteien ganz einfach diese Übergangsregierung durchwinken und versuchen, die Wähler noch vor den Wahlen bei Stange zu halten.“