Parteitag der Sozialdemokraten mit Überraschungen

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Laut Meinungsumfragen der letzten Wochen laufen die Sozialdemokraten den Bürgerdemokraten derzeit den Rang als stärkste Partei in Tschechien ab. In den Umfragen erreichen sie 36 Prozent der Wählergunst. Unter solchen Umständen verspricht ein Parteitag in der Regel keine sonderlich aufregende Angelegenheit zu werden. Dennoch gab es auf der Zusammenkunft der Sozialdemokraten im Prager Industriepalast am vergangenen Wochenende zwei Überraschungen.

Jiří Paroubek  (Foto: ČTK)
Es sollte ein Parteitag der Einheit bei den Sozialdemokraten sein. Lange ging auch alles glatt. Jiří Paroubek wurde als Parteichef mit fast Dreiviertel der Stimmen bestätigt und lobte danach das Abstimmungsergebnis:

„Es ist ein ordentliches Ergebnis und vielleicht sogar mehr wert als meine allererste Wahl zum Parteivorsitzenden.“

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Damals, im Jahr 2006, hatte Paroubek 90 Prozent der Stimmen auf sich vereinigt.

Auch fünf der sechs Stellvertreter wurden mehr oder minder durchgewinkt. Doch bei der letzten Abstimmung kam es zur ersten Überraschung des Parteitags: Die einzige Frau unter den Stellvertretern fiel durch. Und dies war ein Problem. Den Statuten nach müssen die Sozialdemokraten diesen einen Platz mit einer Frau besetzen. Eine Frauenquote also. Kandidatin Jan Vaňhová wurde offensichtlich dafür abgestraft, Jaroslav Foldyna im Herbst aus dem Amt des Kreishauptmanns von Ústí gedrängt zu haben. Foldyna sah dies als Warnung:

„Es ist ein erhobener Zeigefinger an all jene, die eine Scheinwirklichkeit besonderer Einigkeit schaffen. Die Partei ist jedoch demokratisch – und das haben die Delegierten hier gezeigt.“

Die zweite Überraschung war der Auftritt von Staatspräsident Václav Klaus auf dem Parteitag – vor allem kurz vor dem Misstrauensvotum, das die Sozialdemokraten am Dienstag initiieren wollen. Klaus ist schließlich weiterhin Mitglied der Bürgerdemokraten von Premier Mirek Topolánek.

Václav Klaus und Jiří Paroubek  (Foto: ČTK)
Der Präsident kam in seiner Rede am Freitagabend jedoch auf das Misstrauensvotum nicht direkt zu sprechen. Er rief vielmehr allgemein die Politiker dazu auf, in Zeiten der Wirtschaftskrise sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein - möglicherweise aber eine versteckte Kritik am Misstrauensvotum. Im anschließenden Vier-Augen-Gespräch mit Sozialdemokraten-Chef Paroubek soll Klaus jedoch gesagt haben, das Kabinett Topolánek sei nicht gerade seine Lieblingsregierung.

Neben den beiden personellen Überraschungen ging es aber auch um Parteiprogrammatik. So stimmte eine Mehrheit der 600 Delegierten dafür, dass sich die sozialdemokratischen Parlamentarier in Abgeordnetenhaus und Senat für eine Aufkündigung der Verträge über die US-amerikanische Radaranlage einsetzen sollen. Zudem präsentierte die Parteiführung eine interne Umfrage zum Auslandseinsatz der tschechischen Armee in Afghanistan. Demnach haben sich 82 Prozent der sozialdemokratischen Ortsverbände dafür ausgesprochen, den tschechischen Afghanistan-Einsatz noch in diesem Jahr zu beenden oder gegebenenfalls die Truppenstärke zu reduzieren.