Organisierte Kriminalität dringt in staatliche Strukturen vor

Das Innenministerium in Prag hat einen Bericht zum organisierten Verbrechen in der Tschechischen Republik erstellt. Am Freitag wurde das Papier veröffentlicht, und es enthält alarmierende Fakten: So finden Vertreter mafia-ähnlicher Organisationen immer häufiger auch den Weg in die Staatsverwaltung und in gewählte Ämter.

Illustrationsfoto: Barbora Němcová,  Radio Prague International
Die Tür zur Kneipe geht auf, ein pockennarbiger Gangster geht an die Bar und bietet dem Wirt Schutz gegen Geld an: So ungefähr sieht das klassische Bild organisierter Kriminalität aus. In den letzten 20 Jahren ist noch der Typ „russischer Mafioso“ oder „Oligarch“ hinzugekommen, der unermesslich reich geworden ist durch Privatisierungsmachenschaften nach dem Zusammenbruch des Kommunismus. Beide Typen kennt man natürlich auch in der Tschechischen Republik, die nun aber mit einem neuen Problem kämpfen muss: Die Mafia versucht, sich in die Strukturen des Staates einzuschleichen. Der Korruptionsforscher Petr Pojman von der Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Prager Karlsuniversität lieferte in den Inlandssendungen des tschechischen Rundfunks eine erste Analyse der Situation:

„Die Lage bei uns ist besser als in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Der Bericht hat aber Recht damit, dass die organisierte Kriminalität für die Tschechische Republik eine der größten Gefahren darstellt. Professionellen Verbrechern gelingt es immer häufiger, die Politik zu beeinflussen, und sie deformieren dadurch das politische Leben und die staatliche Verwaltung.“

Der Wandel der Kriminalität weg von der Straßengewalt hin zu halblegalen und legalen Tätigkeiten vollzog sich um die Jahrtausendwende. Schwerpunkt wurde nun die Wirtschaftskriminalität. Subventionsbetrug und Manipulationen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen sind dabei besonders lukrative Verbrechen, die gute Verbindungen in die Politik erfordern. Dabei kommt es zur Verquickung der kriminellen und öffentlichen Strukturen. Petr Pojman:

„Dafür hat man unterschiedliche Wörter: Korruption, Klientelismus, Lobbyismus. In Wirklichkeit geht es um einen der modernsten Typen der organisierten Kriminalität, mit dem große finanzielle Gewinne verbunden sind. In der Folge deformiert dies aber das politische Leben und führt zu einem Versagen der staatlichen Organe.“

Die Folge dieser Entwicklung ist eine Anpassung der Politik. Sie beginne, nicht mehr ein Raum für den Kampf um Ideen zu sein, sondern entwickle sich zu einem Geschäft. Ein Geschäft, bei dem die politischen Parteien einen Teil ihres Machtpotentials gegen finanzielle Unterstützung eintauschen, so Pojman.

Um dem etwas entgegenzusetzen, möchte das Innenministerium gemeinsame Ermittlergruppen zum Beispiel aus Polizei und Steuerverwaltung bilden. Daneben müsse der Ausbildungsstand der Polizisten erhöht und eine verbesserte internationale Zusammenarbeit etabliert werden, hieß es. Auch möchte das Innenministerium Ausländern den Zugang zu Polizei ermöglichen, um ausländischen Banden leichter das Handwerk legen zu können. Vorschläge, wie die Korruptionsanfälligkeit der Politiker und Beamten bekämpft werden könnte, finden sich in dem Bericht jedoch nicht.