Ombudsmann kritisiert Justiz: Langsame Prozesse gefährden Gerechtigkeit

Pavel Varvařovský

Der tschechische Ombudsmann ist der Meinung, dass die Lage im tschechischen Justizwesen den Anspruch der Menschen auf ein gerechtes Verfahren gefährde. Die Gerichte entscheiden zu langsam, und zwar besonders bei zivilen Verfahren, bei Vormundschaftssachen sowie bei Pfändungs- und Insolvenzverfahren.

Pavel Varvařovský
Der tschechische Ombudsmann, Pavel Varvařovský, kritisiert schon lange die tschechische Justiz. Die Gerichtsverfahren seien schlicht zu langsam und darin sehe er eine Gefahr für die Gerechtigkeit. Er reagiert auf berechtigte Beschwerden der Bürger, dass das Gerichtsverfahren zu lange dauere und dass dadurch ihr Recht auf eine Entscheidung in einer angemessenen Frist, das konstitutionell garantiert ist, verletzt werde.

Die Beschwerden betreffen am häufigsten zivile Verfahren und Pfändungsstreitigkeiten. Auch auf eine Entscheidung für das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder nach einer Scheidung müssen die Betroffenen lange warten. Am schlimmsten ist die Lage beim Stadtgericht in Prag, beim Kreisgericht in Brünn, beim Gericht im fünften Prager Stadtbezirk sowie beim Bezirksgericht in Zlín. Dort dauern Gerichtsverfahren am längsten. Die Ursache für die Probleme sieht der Ombudsmann vor allem bei den Haushaltskürzungen. Diese haben Personalkürzungen bei den Gerichten zur Folge. Kateřina Valachová von der Kanzlei des Ombudsmanns:

„Der Ombudsmann hat in den vergangenen zwei Jahren vor allem die personellen Kürzungen im administrativen Bereich sehr negativ wahrgenommen. Sie waren die Folge von Haushaltskürzungen, die die Regierung vorgenommen hat. Er weist darauf hin, dass diese Art zu Sparen Verzögerungen bei Gerichtsverfahren und letztendlich finanzielle Verantwortung des Staates für eben diese Verzögerungen zur Folge haben wird.“

An Entschädigungszahlungen für Verzögerungen bei Gerichtsverfahren gibt der Staat bis zu 40 Millionen Kronen (1,6 Millionen Euro) pro Jahr aus.

Filip Melzer
Das Problem liegt laut dem Ombudsmann nicht in einem Mangel an Richtern, sondern in deren ungleichmäßiger Verteilung auf die Gerichtsbezirke. Negative Folgen hat auch ein langfristiger Mangel an Protokollführerinnen, Gerichtsbeamten und Assistenten. Varvařovský schlägt daher vor, die Richter- und Beamtenstellen zu „systematisieren“, das heißt einen Überblick vorzulegen, wie viele Richter und administrative Mitarbeiter man an den jeweiligen Orten braucht.

Das Justizministerium ist sich der unerfreulichen Lage im Gerichtswesen bewusst. Der stellvertretende Justizminister Filip Melzer betrachtet die Position von administrativen Mitarbeitern als das größte Problem: Sie hätten die größte Last zu tragen. Es müssten daher Maßnahmen umgesetzt werden, die zu einer Entlastung der Administrative führen.

„Der erste Schritt ist, den Prozess des elektronischen Zahlungsbefehls zu Ende zu führen. Der Befehl muss die ganze Justizverwaltung in elektronischer Form passieren können, was einen geringeren Arbeitsaufwand für höhere Gerichtsbeamte nach sich zieht. Zweitens müssen der Justiz Entscheidungen abgenommen werden, die von anderen Verwaltungsbehörden getroffen werden können. Die Gerichte sind die teuersten Staatsbehörden überhaupt. Es ist daher billiger, wenn zum Beispiel das Finanzamt die Vollstreckung einer Entscheidung übernimmt. Dadurch ließen sich relativ hohe Einsparungen am Personal erzielen.“

Diese Maßnahmen werden zurzeit im Verfassungsausschuss des Abgeordnetenhauses behandelt. Das Justizministerium erhofft sich davon, dass so die Arbeitslast höherer Gerichtsbeamter reduziert werden kann, damit sie dann einfache zivile Streitigkeiten übernehmen können. Die Richter hätten dann mehr Zeit, um komplizierte Fälle zu lösen.