OECD-Bericht zu Tschechien

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Von Rudi Hermann.

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Die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit, kurz OECD, hat in ihrer jüngsten Studie zu Tschechien der Prager Regierung nahegelegt, das Defizit der öffentlichen Finanzen besser unter Kontrolle zu halten. Die OECD ist der Meinung, auf diesem Wege könne die Annäherung der tschechischen Wirtschaft an das Niveau der EU besser erreicht werden als mit einer expansiven Ausgabenpolitik.

In ihrem jüngsten Bericht zu Tschechien hält eine Expertengruppe der OECD fest, dass die tschechischen Wirtschaftspolitiker mit ausgeglichenen Staatsfinanzen und einem Rückgang der staatlichen Ausgaben, der dem Privatsektor dafür breiteren Raum zur Entfaltung erschliessen könnte, die Wirtschaftsentwicklung des Landes fördern könnten. Dies steht im Gegensatz zu der erst vergangene Woche definitiv beschlossenen Politik der sozialdemokratischen Regierung, mit umfangreichen Staatsausgaben, bekannt als Big Bang oder Velky Tresk, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Laut der Strategie der Regierung könnte das Wirtschaftswachstum bis zum Ende des nächsten Jahres dank gezielten Investitionen in einem Gesamtumfang von 165 Milliarden Kronen und einer besseren Koordination der Förderprogramme bis zu 6 % erreichen. Unabhängige Analytiker und auch die OECD-Experten halten dies allerdings für unrealistisch.

Die OECD ist vielmehr der Meinung, dass mit Massnahmen wie einer Abmagerungskur für die Staatsverwaltung, einem Subventionsabbau für den Unternehmenssektor und einer Verschärfung der Bedingungen etwa für vorzeitige Pensionierungen, die die Staatskasse belasten, die Grundlagen für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum in der Grössenordnung von etwa 5 % gelegt werden könnten. Sollte im Gegenteil die Ausgabenlust der Regierung anhalten, so befürchtet die OECD in ihrer Studie laut Angaben der Tageszeitung Mlada Fronta dnes hohe Defizite der Staatsfinanzen und der Leistungsbilanz und ein Anwachsen der Inflation - alles Elemente, die die Währungsstabilität gefährden könnten. Unter solchen Voraussetzungen, so die Studie, sei eine entscheidende Beschleunigung des Wirtschaftswachstums nicht zu erwarten.

Mit solchen Empfehlungen ist die OECD nicht allein. Auch der Internationale Währungsfonds IMF und die Weltbank haben dieses Jahr schon Studien entsprechenden Inhalts verfasst, und die Europäische Kommission zeigte sich letztes Jahr besorgt über den Anstieg der Staatsverschuldung in Tschechien und ein immer bedrohlicheres Ungleichgewicht der öffentlichen Finanzen. Eine restriktive Finanzpolitik des Staates wäre laut diesen internationalen Institutionen dazu geeignet, dank tiefer Inflation ein stabiles Wirtschaftsklima zu schaffen, das den Privatsektor zu Investitionen und damit zur Schaffung von Arbeitsplätzen motiviere. Dies wären, so heisst es beispielsweise im OECD-Bericht, bessere Rahmenbedingungen für die Förderung der Wirtschaft als ein kurzfristig durch Staatsausgaben angeheiztes Wachstum.

Der tschechische Finanzminister Jiri Rusnok bezeichnete den OECD-Bericht als qualifizierte Beurteilung der tschechischen Wirtschaftslage. Er hielt allerdings auch fest, dass die Regierung nicht alle Schlussfolgerungen des Berichts vorbehaltlos teile und zu gewissen Problemen eine andere Position einnehme.

Autor: Rudi Hermann
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