Nicht nur „Onkel Rudi“: Erste Werkschau Gerhard Richters in Prag

Foto: ČTK

Gerhard Richter ist der wohl bekannteste deutsche Gegenwartskünstler. Seit Mittwoch ist nun erstmals eine Werkschau des Malers in Prag zu sehen. Die Tschechische Nationalgalerie zeigt mehr als 50 Gemälde des 85-Jährigen.

Gerhard Richter  (Foto: ČTK)
Fotorealistische Bilder, Landschaften, Porträts, graue Flächen und abstraktes Farbenspiel. Oft tragen die Werke von Gerhard Richter auch einen politischen oder geschichtlichen Bezug – so etwa zum Zweiten Weltkrieg, zum Holocaust und zum Terror der RAF. Auf einem Bild hat der Maler das berühmte Foto verarbeitet, auf dem die brennenden Türme des World Trade Centers zu sehen sind:

„Speziell dieses Foto war extrem bunt, optimistisch und nett. Das war unerträglich. Deswegen kam dann dieses.“

So Richter bei der Ausstellungseröffnung in Prag. Die unterschiedlichen Stile, Realismus und Abstraktion wechseln sich im Schaffen von Richter ständig ab. Der Künstler erklärt dies folgendermaßen:

‚Onkel Rudi‘  (Foto: ČTK)
„Ich weiß nicht, was ich machen soll, in dieser Welt ist alles durcheinander. Orientierungslosigkeit. Und Lust am Probieren.“

Das alles zeigt die Nationalgalerie nun erstmals in Prag. Hier auszustellen sei für ihn eine Herzenssache gewesen, sagte der in Dresden geborene und in Köln lebende Maler am Dienstag. Und laut dem Galeriechef und Kunsthistoriker Jiří Fajt hat das das hiesige Publikum hat noch viel zu entdecken.

„Ich glaube, dass Richters Name hierzulande weitgehend unbekannt ist. Deshalb haben wir diese Ausstellung in Prag geplant. Das einzige Kunstwerk von ihm, das es in den öffentlichen Sammlungen in Tschechien gibt, ist der berühmte ‚Onkel Rudi‘. Das Bild ist aber versteckt im Denkmal von Lidice.“

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Das Bild gelangte Ende der 1960er Jahren nach Tschechien. Und damals genoss Gerhard Richter längst nicht die Berühmtheit von heute:

„Es war eine Aktion des Galeristen Block, eine Ausstellung für Lidice zu spenden. Und da habe ich das Bild gestiftet und war eigentlich stolz darauf.“

Die Ausstellung von Gerhard Richter in Prag beruht auf einem persönlichen Wunsch von Jiří Fajt:

„Ich bewundere die deutsche Malerei, und zwar von ihren Anfängen weg. Also von Albrecht Dürer und Holbein bis zu den Expressionisten, den Gruppen ‚Der Blaue Reiter‘ und ‚Die Brücke‘. Das sind Künstler, die in der Malerei neue Horizonte geschaffen haben. In dieser Tradition sehe ich auch die große Generation der Nachkriegsmaler deutscher Herkunft: Gerhard Richter, Sigmar Polke, Anselm Kiefer und Georg Baselitz. Ich habe immer davon geträumt, dass Gerhard Richter und seine Zeitgenossen auch in Prag gezeigt werden, und dazu ist es nun – Gott sei Dank – gekommen.“

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Bei der Gestaltung der Retrospektive haben der Maler und der Kurator eng zusammengearbeitet:

„Die Zusammenarbeit war prima. Herr Fajt hat mir erst die Räume im ehemaligen Messepalast vorgeschlagen. Das war architektonisch nicht so passend für die Formate. Ich sagte: Das ist nicht das, ich will etwas anderes. Und da kamen wir in den schönen Kinský-Palais“, o Richter.

Fajt zufolge sei die Kooperation sehr intensiv gewesen:

„Wir haben intensiv über eine Auswahl aus seinen Werken gesprochen, wir haben auch über die Installation der Werke geredet, wir haben noch vorgestern im Agnes-Kloster die Werke umhängen lassen. Es war mir ein großes Privileg, mit Gerhard Richter zusammenarbeiten zu dürfen.“

Die Ausstellung ist im Palais Kinský am Altstädter Ring und im Agnes-Kloster in der Prager Altstadt zu sehen. Sie läuft noch bis 3. September.