Navigationsfehler: Vor 70 Jahren wurde Prag bombardiert

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Ein Navigationsfehler und zudem schlechtes Wetter. So erklären sich die Historiker den alliierten Luftangriff auf Prag vom 14. Februar 1945. Die Bomber verwechselten damals die tschechische Hauptstadt mit Dresden. Am Samstag sind 70 Jahre seit der Bombardierung Prags vergangen.

Miroslav Doležal  (Foto: ČT24)
Auch am 14. Februar 1945 heulten in Prag die Luftschutzsirenen. Dies bedeutete, in den Keller zu flüchten. Viele Prager haben die Warnung aber nicht mehr ernst genommen, erinnert sich Miroslav Doležal. Er lebte damals im Stadtviertel Pankrác.

„Wir sind nirgendwohin gerannt. Denn während des gesamten Kriegs war zuvor nichts passiert. Wir hatten keine Angst, dass wirklich Bomben fallen würden.“

Kurz vor halb eins war klar, dass es diesmal kein blinder Alarm war: Die ersten Bomben prasselten auf die Stadt nieder. Einige fielen auch auf das Straßenbahndepot Pankrác.

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„Unweit vom Vyšehrad brannten bereits Häuser. Wir haben auch gesehen, dass überall auf der Straße Glastafeln herumlagen. Sie waren aus gehärtetem Glas und hatten die Halle des Depots überdacht.“

62 Bomber der US-Airforce fliegen damals über Prag. Ihre tödliche Fracht lassen sie zunächst über Smíchov nieder, die meisten Bomben fallen aber auf die Prager Neustadt und den Stadtteil Vinohrady. Beim Luftangriff sterben 701 Menschen, weitere fast 2000 werden verletzt. 68 Häuser werden zerstört, viele weitere Gebäude beschädigt. Zum Symbol der Bombardierung wird das Benediktinerkloster Emauzy / Emaus am rechten Moldauufer. Die Abtei aus dem 14. Jahrhundert ist stark beschädigt. Auch wenn der Luftangriff zu Ende des Kriegs liegt, versucht die nationalsozialistische Propaganda ihn noch zu nutzen. Der Historiker Jiří Rajlich vom Prager Militärhistorischen Institut:

Jiří Rajlich  (Foto: ČT24)
„Der Luftangriff entfesselte im Protektorat eine Propagandakampagne gegen die Alliierten. Die Nachrichten über die Opfer und die großen Schäden füllten bis in den März die Tageszeitungen. Im März kam es wieder zu einem Bombardement. Das war jedoch kein Irrtum mehr, sondern ein gezielter Angriff auf die Stadtviertel Vysočany und Libeň, wo die Rüstungsfabriken ČKD standen.“

Von der Propaganda missbraucht wurde vor allem die schwere Beschädigung des Klosters Emaus, sagt der Historiker:

Kloster Emaus  (Foto: ČT24)
„Darüber wurde damals ein kurzer Dokumentarfilm gedreht. Natürlich hat man aber taktvoll verschwiegen, dass die Mönche schon 1942 aus dem Kloster vertrieben worden waren und dass Abt Arnošt Vykoukal ins KZ Dachau geschickt wurde, wo er starb.“

Auch die spätere kommunistische Propaganda missbrauchte das alliierte Bombardement. Sie bezeichnete es als gezielten Angriff auf Prag und versuchte damit, den Hass auf die Klassenfeinde USA und Großbritannien zu schüren. Dass es ein Navigationsfehler war, halten die Historiker heute aber für sicher belegt. So war die Sicht an dem Tag schlecht, zudem kam es zu technischen Problemen an der Navigation. Entscheidend war dann, dass der Chefnavigator Plzeň / Pilsen mit dem sächsischen Zwickau verwechselte.

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„Zwickau liegt etwa 90 Kilometer südwestlich von Dresden. Die Bomber flogen damals über Pilsen, das auch etwa 90 Kilometer von Prag entfernt ist. Die Piloten erhielten also einen entsprechenden Befehl, weiter zu fliegen, und haben sich danach gerichtet. Mit der Navigation war es damals nicht so einfach.“