"Mlada fronta dnes" legt Beweise über systematisches Doping in der CSSR vor

Imrich Bugar (Foto: CTK)

Schon seit der politischen Wende von 1989 wurde viel darüber spekuliert - jetzt hat die Tageszeitung "Mlada fronta dnes" eine Reihe von Beweisen vorgelegt, die keinen Zweifel mehr offen lassen: Tschechoslowakische Sportler wurden seit Mitte der 70er Jahre mit ausdrücklichem Einverständnis des kommunistischen Regimes gedopt.

Antonin Himl  (Foto: CTK)
"Mlada fronta" zitiert in diesem Zusammenhang unter anderem aus einem geheimen Schreiben an den damaligen Vorsitzenden des zentralen Tschechoslowakischen Sportverbands (CSTV), Antonin Himl:

"Eine rationelle Anwendung von Anabolika kommt der Propagierung des Sports im sozialistischen Staat zugute und festigt das Prestige der Republik."

Verwickelt waren in das Doping laut "Mlada fronta" Ärzte, Trainer und Sportfunktionäre. Mit Ausnahme einiger weniger Ärzte habe niemand sich dieser Praxis widersetzt - aus Angst, sagt heute der Arzt Pavel Stejskal, der damals für die Verteilung von Anabolika unter die Sportler zuständig war:

"Das war eine geheime Politik, der Staat schämte sich für das Doping und wir hatten Angst", so Stejskal.

Imrich Bugar  (Foto: CTK)
Auch Jahre später, nach 1989, schwiegen die Beteiligten sich über das Doping aus. Dabei handelte es sich keineswegs um Einzelfälle, sondern um ein sorgfältig ausgearbeitetes System: damit die Verabreichung von Anabolika nicht aufflog und die - besonders in den 80er Jahren zahlreichen - internationalen Erfolge tschechoslowakischer Athleten in Zweifel gezogen werden konnten, musste jeder Sportler vor der Teilnahme an internationalen Wettbewerben in der CSSR eine geheime Doping-Kontrolle passieren. Nur wenn sie negativ ausfiel, durfte er abreisen. Mit anderen Worten: Es wurde peinlich darauf geachtet, dass die Dosis der verabreichten Anabolika immer knapp unter der Nachweisbarkeitsgrenze blieb.

Die Wurzeln des staatlichen Dopings lassen sich laut "Mlada fronta" bis vor die Olympischen Spiele 1976 in Montreal zurückverfolgen. Betroffen waren davon so berühmte Sportler wie der Diskuswerfer Imrich Bugar, der jetzt im Herbst bei den Senatswahlen für die Sozialdemokraten kandidiert. Auf die jetzt vorgelegten Dokumente zum staatlich organisierten Doping, in denen auch er auftaucht, sagte er, er habe von nichts gewusst. Möglicherweise werden in den nächsten Tagen und Wochen so einige Erfolge tschechoslowakischer Sportler aus den 70er und 80er Jahren in Frage gestellt werden. "Mlada fronta dnes" hat eine ganze Serie über das staatlich organisierte Doping in der CSSR geplant.

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