Mit Königin und Zeitzeugen: Wallfahrt der Glasmacher in Annín

Andrea Herzog und Lucie Hájková (Foto: Martina Schneibergová)

Annín / Annathal liegt am linken Ufer des Flusses Otava. Die Böhmerwaldgemeinde ist durch ihre Glashütte bekannt geworden. Ihre Produkte waren früher in der ganzen Welt gefragt. Vor kurzem wurde die Produktion wieder aufgenommen. Und im Juli gab es in Annín zum ersten Mal eine Wallfahrt der Glasmacher.

Andrea Herzog und Lucie Hájková  (Foto: Martina Schneibergová)
Die Glashütte in Annín wurde vor 220 Jahren gegründet. Dies war Anlass, an die Traditionen zu erinnern und das etwas verschlafene Dorf zu beleben. Zum Glasmacherfest war auch die bayerische Glaskönigin Andrea Herzog geladen:

„Ich bin aus Deutschland gekommen, um besondere Grüße aus der Glasstadt Zwiesel hierher ins ebenso glasbezogene Annathal zu überbringen. Da die hier ansässige Glashütte mittlerweile stolze 220 Jahre alt wird, darf ich Sie zur heutigen Geburtstagsfeier herzlich begrüßen.“

Andrea Herzog kam auch aus einem weiteren Grund in den Böhmerwald: Sie sollte die Glaskönigin von Annín krönen. Nach den Fanfaren war es so weit: Lucie Hájková ist Enkelin des ehemaligen Leiters der Glasschleiferei in Annín – und erste Glaskönigin des Ortes. In ihrer neuen repräsentativen Funktion versprach sie unter anderem:

Erika Hofmann  (Archiv der Familie Hofmann)
„Ich werde mich mit Respekt um das Vermächtnis der Glasmacher von Annín kümmern. Und ich werde mich für die Restaurierung der hiesigen Baudenkmäler und die Aufrechterhaltung der herrlichen Natur einsetzen.“

Bestandteil des Festes war auch ein Gottesdienst in der Grabkapelle, die inmitten des Waldes oberhalb der Glashütte steht. In der 1886 erbauten Kapelle sind Angehörige der früheren Besitzer der Glashütte, der Familie Schmid bestattet. Am Gottesdienst nahm auch Erika Hofmann teil, sie stammt aus der Familie Schmid, spricht Deutsch und Tschechisch, lebt aber seit etwa 50 Jahren in Deutschland. Nach Annín komme sie immer sehr gern, erzählt sie:

Festumzug der Glasmacher in Annín  (Foto: Martina Schneibergová)
„Es gibt viele Erinnerungen. Wenn ich hier herkomme, dann begrüße ich zuerst die Otava, Burg Kašperk, den Wald und Annín. Da bin ich zu Hause. In Deutschland geht es mir gut – ich lebe bei Stuttgart, aber zu Hause bin ich hier. Ich war 38 Jahre alt, als ich weggegangen bin, jetzt bin ich 90. Von meiner Großmutter weiß ich sehr viel über meine Vorfahren, über die ganze Verwandtschaft. Auf den Bildern in der Kapelle ist meine Ururgroßmutter abgebildet. Ich bin sehr froh, dass die Kapelle hergerichtet worden ist und dass man sie betreten kann. 1995 hat unsere Familie Geld gegeben, das Dach wurde hergerichtet, denn es war alles kaputt. Das Harmonium haben wir in Vimperk richten lassen. Ich hoffe, dass das jetzt so bleibt, da die Leute daran Interesse zeigen.“

Foto: Martina Schneibergová
Die Wallfahrt absolviert hat zudem Karla Singer aus Bodenmais in Bayern. Sie zeigte sich begeistert vom Fest:

„Seit ein paar Jahren wohne ich nicht weit von hier und seitdem bin ich von der böhmischen Geschichte fasziniert. Ich bin tief beeindruckt von den Burgen und Schlössern in Verbindung mit der phantastischen Landschaft. Nach Annín bin ich aus reinem Interesse gekommen. Wir gehen dann noch zum Konzert nach St. Maurenzen. Ich finde, dass diese Landschaft, diese Orte, irgendwie atmen. Menschen, die ähnlich empfinden, werden es verstehen, weil das besondere Orte sind.“